Surrogate Cities Ruhr – unvorbereitet in die Kraftzentrale

Zwanzig Minuten vor Beginn. Das Orchester übte, die Ränge waren noch leer. (fotos: zoom)
Zwanzig Minuten bleiben bis zur Vorstellung. Das Orchesterrund füllt sich, die Zuschauerränge sind noch leer. (fotos: zoom)

Es gibt eine lange und eine kurze Geschichte. Die kurze Geschichte geht so: Eigentlich hatten wir gestern ein kleines Nachbarschaftsfest in unserem Sauerländer Dorf. Uneigentlich entdeckte ich einen Tag vorher die Eintrittskarte zur Ruhrtriennale an unserer Pinnwand. Surrogate Cities Ruhr, 30 Euro, Tribüne B, Reihe 14, Platz 24.

Um 19.09 Uhr saß ich auf meinem Platz, das kleine Notizbuch auf dem Schoß. Wenn schon keine Ahnung, dann ordentlich mitschreiben. Das war die Idee. In Wirklichkeit habe ich die Zuschauerränge gezählt. Zwei Tribünen mit je ungefähr 40 x 18 Plätzen. Das Buch blieb zugeklappt, der Stift in der Brusttasche.

In der Langversion war ich vorher mit dem Fahrrad im westlichen Ruhrgebiet unterwegs. Rhein, Kohlekraftwerk Möllen, Emschermündung, Wohnungswald, Döner, Friedhof, Grablichter und schließlich der alte Hochofen im Landschaftspark Duisburg Nord, 50 Meter von der Kraftzentrale entfernt.

Zwei Mal hochgeklettert. Um 19 Uhr  waren auf der obersten Plattform zum Sonnenuntergang Fotografen mit Ausrüstungen unterwegs, die gefühlt eine halbe Millionen Euro wert waren. Die Sonnenuntergangsspanner.

Ich habe mit meiner Canon-Pocketkamera auch geknipst. Ich knipse ja immer nur. Gestern flogen ein paar Heißluftballons herum. Ich habe dann einen von denen geknipst und mir vorgestellt, wie grandios das Bild werden würde, hätte ich eine dieser 5200 Euro Ausrüstungen, statt der 250 Euro PowerShot.

Immer wieder Vollkitsch. Der Hochofen enttäuscht auch eine schlechten Fotografen niemals.
Immer wieder Vollkitsch. Der Hochofen enttäuscht auch einen schlechten Fotografen niemals.

Ich schweife ab. Um 19.09 saß ich auf meinem Platz und zählte. Natürlich hatte ich einen Plan B im Hinterkopf. Der ging so: Wenn ich das alles ohne Vorwissen nicht verstünde -in der Halle hing der Geruch des Bildungsbürgertums- könnte ich immer noch bei den „Revierpassagen“ nachlesen, was ich zu verstehen hätte.

Die schlechte Nachricht zuerst. Die Revierpassagen haben mir nicht weitergeholfen, denn der Artikel dort geht nicht auf die kleinen und großen Details der Aufführung ein. Mehr so ein Rundumschlag.

Die gute Nachricht für mich. Die Aufführung dauerte kompakte 90 Minuten und entsprach damit meiner Aufmerksamkeits-Spanne. Mehr schaffe ich bei Kultur auf keinen Fall.

Die zweite gute Nachricht. Keine Pause. Kein blödes Herumstehen zwischen den Sätzen, den Szenen.

Die dritte gute Nachricht. Ich habe etwas verstanden. Noch besser. Ich habe einfach beschlossen, dass ich die Musik und die Sänger und die Schulkinder und die Laien und Profis in der Choreographie einfach für mich so verstehe, wie ich es verstehen will.

Die Musik -ich habe keine Ahnung von Musik- erinnerte mich an Smetana, Programmmusik, nur nicht Moldau und Natur, sondern Maloche und urbanes Leben gewürzt mit Döblins „Berlin, Alexanderplatz“.

Am Anfang dachte ich noch darüber nach, ob das Ganze ein Kinderkram werden würde. Mitnichten.
Am Anfang dachte ich noch darüber nach, ob das Ganze ein Kinderkram werden würde. Mitnichten. Kindliche Naivität professionell choreographiert.

Als zu Beginn die Kinder den Theaterraum stürmten und die Flächen mit Kreide bemalten, war ich skeptisch. Dann bauten sie ihre kleinen Kaufläden auf, die Jugendlichen und Erwachsenen zeichneten ihre Bewegungen auf Druckpapier nach, umtanzten die Rollen leer oder beschrieben, kämpften, liebten, rasten und …

… die Musik und die Choreographie wuchsen zusammen und entwickelten eine mitreißende Dynamik.

Ja, es gab eine großartige Sängerin (Jocelyn B. Smith)  und einen unglaublichen  Sänger (David Moss), die auf Englisch eine kleine Geschichte entwickelten. Er – das Intro. Sie – den Schluss. Zwischendurch Stimmakrobatik.

Den Anfang habe ich behalten, nur sinngemäß:

Wenn du in der Stadt etwas beginnst, weißt du nicht, ob du es noch einmal schaffst. Wenn du in der Stadt nichts beginnst, wirst du nichts schaffen.

Ein großartiger Abend in der Kraftzentrale.

Um 23:15 war ich wieder im Dorf. Auf der B 42 konnte ich mit dem Nachdenken beginnen, zu Hause alles erzählen, und erst dann habe ich nachgelesen:

http://www.revierpassagen.de/27046/metropolensound-triennale-zeigt-surrogate-cities-als-choreographie-fuer-das-ruhrgebiet/20140922_1710

http://www.ruhrtriennale.de/de/programm/produktionen/heiner-goebbels-mathilde-monnier-surrogate-cities-ruhr/

Fast vergessen habe ich, dass die Zuschauerränge schließlich proppenvoll waren.

Umleitung: Spionage, Karneval und Schavan, Fundamentalismus, Putin-Versteher und Nato-Büttel, Amazon, SPD, Totholz – Totlast, Videodays sowie unter Schafen und mehr …

Hauptbahnhof HH. Zurück ins Sauerland. (foto: zoom)
Hauptbahnhof HH. Zurück ins Sauerland. (foto: zoom)
Spionage des BND: Ausgerechnet die Entdeckung des CIA-Spions beim BND hat diese Informationen an die Öffentlichkeit gebracht … sueddeutsche

Deutscher NSA-Ausschuss: Mitglieder ärgern sich über geschwärzte Akten … derstandard

Keine Demut vor Autoritäten: Was Karneval, Schavan und Düsseldorf miteinander zu tun haben … nesselsetzer

Fundamentalismus & Extremismus: Die gefährlichen Seiten des Glaubens … scilogs

„Putin-Versteher“ und „Nato-Büttel“: Die Ukraine interessiert euch doch einen Scheißdreck! … wolfgangmichal

Gabriel, die SPD und der Bundestagswahlkampf 2017: Die Stuhlbeine unter Merkels Amtsschemel … postvonhorn

SPD: Kampf um die Mitte … nachdenkseiten

Videodays in Köln: Youtube – Natürlich und Ungespielt … ruhrnalist

Glosse zur Zeitungskrise: Totes Holz, totes Holz … charly&friends

„Totlast“-Kunstwerk: Sören Link – Ja, er spricht! … jurga

Unter Schafen: Die Ruhrtriennale 2014 beginnt mit „De Materie“ von Louis Andriessen … revierpassagen

30 Millionen fehlen: Hagen droht die Haushaltssperre … doppelwacholder

Die Revolution entlässt ihre Kinder: R.I.P. Wolfgang Leonhard – *16.04.1921 · †17.08.2014 … neheimsnetz

Fracking: was gibt’s Neues? … sbl

Brilon: CDU prüft Gang vor Gericht nach Verlust des Vorsitzes in Krankenhaus-Gesellschafterversammlung … derwesten

Umleitung: kurz vor Mitternacht kommen Schavan, der DFB, die Hamas und mehr …

Industriemusealer Kitsch im Landschaftspark Nord/DU - immer wieder gern. (foto: zoom)
Blick vom Hochofen: Industriemusealer Kitsch im und vom  Landschaftspark Nord/DU aus gesehen – immer wieder gern. (foto: zoom)

Causa Schavan: Bericht des Dekans der Philosophischen Fakultät der HHU an den Senat … erbloggtes

Hinweise aus dem Jahr 1963: Wahrheit und Lüge in der Politik … wiesaussieht

Der DFB wird Weltmacht: Der eingetragene Verein, der wie der ADAC viele Millionen bewegt, geht daran, die Bundesrepublik zu übernehmen … postvonhorn

Pro-Hamas-Demonstrationen: Redlich und sehr sensibel. Vorsicht Ironie bei … jurga

Ruhrtriennale doch nicht ohne Gregor Schneider: Bochum springt für Duisburg ein … revierpassagen

Kein Sanierungsfall – Deal geplatzt: Das Bundeskartellamt hat den geplanten Verkauf von sieben angeblich Verluste einfahrenden WAZ- und WR-Lokalausgaben der Funke-Mediengruppe im Großraum Dortmund – samt Titel-Rechten – an den Konkurrenten Ruhr Nachrichten nicht genehmigen wollen … revierpassagen

“Günstiger?”:  Anmerkungen von Reinhard Loos (SBL) zu Änderung der Fahrpreise im Ruhr-Lippe-Tarif ab August … neheimsnetz

Wahlprogramm und Massentierhaltung: Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) stellt dem Landrat diverse Fragen zur geplanten Putenmastanlage in Meschede-Schederberge … sbl

Umleitung: Bitte nicht mehr vor dem Spiel lesen … von SAQ bis Troll-Alarm …

Yesterday, all my troubles seemed so far away Now it looks as though they're here to stay oh, I believe in yesterday ... (foto: zoom)
Yesterday, all my troubles seemed so far away, Now it looks as though they’re here to stay, oh, I believe in yesterday … (foto: zoom)

SAQ: Schavanly Asked Questions … erbloggtes

Das fotografische Gedächtnis des Internets: Mit dem Internet wird der gesamte Alltag archiviert, worauf die Kultur mit Gerichtsurteilen antwortet, die das Vergessen sichern sollen, und auch mit Vergessenstechnologien wie Snapchat … PublicHistory

Bevormundungen aus dem konservativen Bunker: Die moralischen Blockierer von Modernität, Freizügigkeit und sexueller Selbstbestimmung zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass sie dem Trugschluss unterliegen, sie wüssten, was moralisch für Menschen in einer Gesellschaft vertretbar ist und was nicht … nesselsetzer

Krieg und Frieden: Deutsche Eliten setzen auf aggressivere Außenpolitik, Militarisierung und Krieg … nachdenkseiten

Wem gehört Berlin? Privatisierungskritiker laden zur Entdeckungstour durch die Hauptstadt … gib

WM-Spielkultur: Wer schlimme Verhältnisse beklagt, ist meist im Irrtum. Sie sind oft schlimmer, wie die Fußball-WM zeigt … postvonhorn

Phantasielosigkeit der Geheimdienste I: Spionage ist bekanntlich das zweitälteste Gewerbe und daher nicht das Erstaunliche an den Enthüllungen von Edward Snowden … wiesaussieht

Geheimdienste II: Das muss man sich nur mal vorstellen! Diese Amerikaner schrecken nicht einmal davor zurück, unseren NSA-Untersuchungsausschuss auszuspionieren … jurga

Ruhrtriennale: Duisburg sagt Gregor Schneiders Installation „Totlast“ ab … revierpassagen

Hagen: „Minderleister“-Debatte bei Enervie … doppelwacholder

HSK/Soest – Preistreiber RLG: Im Durchschnitt der 9 Preisgruppen beträgt die Anhebung für Einzelfahrscheine 5,9%. Für die 4er-Karten sind es durchschnittlich sogar 6,4% … sbl

Zu guter Letzt der Troll-Alarm in Leser-Foren: Manche dachten: Man braucht nur das Internet, also die breite Vernetzungsmöglichkeit untereinander, und schon wird die Welt besser … charly&friends

Ruhrtriennale: Programm-Paket angekommen

Programm-Paket der Ruhrtriennale: Buch, Booklet, Plakat
Prima: Programm-Paket der Ruhrtriennale: Buch, Booklet, Plakat

Eigentlich sollte der Posteingang von Programm-Informationen zu einer Veranstaltungsreihe keine Nachricht wert sein. Doch das Info-Triplett aus Plakat, Buch und Booklet der Ruhrtriennale 2009 | 2010 | 2011 hat es mir angetan.

Ich weiß nicht aus welchem Grunde mich die Materialien zum Stöbern, Innehalten, Verweilen und Lesen anhalten, aber sicher ist, dass sie es tun.

Am 15. August geht es in diesem Jahr los.

Spontan haben mich folgende Veranstaltungen des Jahres 2009 angesprochen:

  • Solo-Performance nach Lyrik von Ernst Jandl
  • Nathan und seine Kinder. Mirjam Pressler liest aus ihren Büchern.
  • Liebe & Finsternis. Amos Oz liest aus seinen Werken.
  • Heaven and Hell. Marianne Faithful et alii
  • Love and Death. Iggy Pop et alii
  • Paradiese. Ein Kinderfest

Zugegebenermaßen alles Alles Geschmackssache. Wer selber stöbern oder sich darüber hinaus das Programm zuschicken lassen will, findet alle viele nützliche Informationen auf der Website der Ruhrtriennale.