Siedlinghausen: Problem „konkret“ gelöst. Lesestoff jetzt auch bei Ute’s Getränke*Star

Hier gibt es nicht nur Getränke, sondern seit neuestem auch Lesestoff. (foto: zoom)

Als ich vor x Jahren im Blog erwähnte, dass ich die neue „konkret“ (Ihr wisst schon diese „linksradikale“ Zeitung) am Dortmunder Hauptbahnhof gekauft hätte, da war was los in Siedlinghausen.

Bernd Kräling, Inhaber des Zeitschriftenladens „Kräling1000“, zog mich fast empört über die Ladentheke. Wie ich denn dazu käme, mein Lesegut in Dortmund zu erwerben. Bernd, seines Zeichens FDP-Ratsherr in Winterberg, setzte mir die Pistole auf die Brust. Ab sofort solle ich die „konkret“ bei ihm abholen.

Und so kam es dann. Bernd führte fortan die „konkret“ in seinem Sortiment und am Ende des Monats erhielt ich über Facebook oder Email eine Nachricht der Art: „Komm vorbei. Deine konkret ist da.“

Zum 31. Dezember 2018 hat „Kräling1000“ geschlossen. Feierabend. Rente nach vielen Jahrzehnten als Kaufmann.

Ein Verlust für den Ort, nicht nur wegen „meiner“ konkret.

Aber wie es im Kapitalismus so ist, eine Marktlücke bleibt nicht lange offen. Eines schönen Tages sah ich die Inhaberin von „Ute’s Getränke*Star“ Zeitschriften in ein Regal neben den Weinflaschen einsortieren.

Die Geschichte von Bernd und mir und der konkret erzählt. Ob sie wohl auch? Ja, kein Problem. Sei notiert.

Ich habe gestaunt, wie sich auch an einem kleinen Ort wie Siedlinghausen der lokale Markt diversifizieren kann.

Die „Februar-konkret“ habe ich vor ein paar Tagen bei Ute’s Getränke*Star für 5,90 € plus ’n Bier über die Theke bekommen.

Nach Hause gefahren, aufgeschlagen, geblättert, gelesen:

Die Auszüge aus dem Mailwechsel zwischen Wolfgang Pohrt und Hermann L. Gremliza (S.20/21) haben mich sehr berührt. Den Pohrt hatte ich bislang für einen ziemlich verschrobenen rigoristischen Intellektuellen gehalten.

Pohrt halte ich immer noch für abgedreht und verschroben, aber er erscheint im Briefwechsel menschlicher.

Das allerdings ist ein anderes Thema.

Am 22. Februar erscheint die nächste „konkret“. Kein Abo, kein Dortmund – bleibt alles im Dorf. Hoffe ich doch.

Versandhändler Amazon: Kaum unbefristete Jobs. Ich selbst kaufe meine Bücher vor Ort.

Unser Ortsbuchhändler ist am Abend geschlossen. Amazon nicht. Ich bestelle trotzdem bei Kräling1000. (foto: zoom)
Unser Ortsbuchhändler hat in der Nacht geschlossen. Amazon nicht. Ich bestelle trotzdem bei Kräling1000*. (foto: zoom)

Ich habe mich schon seit langem von Amazon verabschiedet. Die Zeiten in denen ich Bücher, Handys, CDs und sogar einmal eine Nikon D70 per Mausklick beim größten Online-Kaufhaus der Welt mitten in der Nacht bestellt habe, sind vorbei.

Der Grund ist ein ganz einfacher. Ich gehe ganz gerne bei Leuten vorbei. Wenn ich ein Buch im Dorf kaufe, treffe ich oft Bernd Kräling in seinem Laden, der Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und all das andere Gedöns wie Glückwunsch- und Trauerkarten vertreibt.

Das Geschäft im Ort
Manchmal wechseln wir ein paar Sätze, zu anderen Zeiten ist der Chef mit anderen Kunden geschäftig. Manchmal ist dann noch ein Bekannter im Laden und manchmal niemand.

An manchen Tagen ist das Geschäft eine hektische Verkaufstelle, an anderen Tagen eine Nachrichtenbörse.

Amazon im Internet
Bei Amazon ist das Einkaufen ruhiger. Viele Menschen verbinden mit diesem Namen einfache, schnelle Bestellungen im Internet.

Für die Beschäftigten allerdings ist der global agierende Versandhändler ein Arbeitgeber, der unter Tarif bezahlt, oft nur befristet einstellt und mit seinen Arbeitsbedingungen nicht gerade zu den Vorreitern für gute Arbeit zählt. Die Gewerkschaft klagt:

Beschäftigte unter Druck
„Der hohe Anteil befristet Beschäftigter verhindert meist schon im Ansatz die Gründung einer Arbeitnehmervertretung. Zwei Drittel der – geschätzt – zwischen acht- bis zehntausend MitarbeiterInnen haben nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Besonders perfide empfindet es ver.di-Projektsekretär Jaedicke, dass die Menschen meist erst am vorletzten oder gar letzten Arbeitstag erfahren, ob der Vertrag verlängert wird. Das „schafft Druck“, der noch verstärkt wird durch einen permanenten Leistungsvergleich, kritisiert Jaedicke die Praxis des Unternehmens. (Einblick201112)

Abzocke bei Amazon?
Auch das Erwerbslosenforum Deutschland spricht von „Abzocke“ schlimmer als bisher bekannt und “Skandalöse Praktiken bei der Beschäftigung von Aushilfen“, kritisierte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) am 10. November.

Im Oktober war im Internetforum des Erwerbslosen Forum Deutschland bekannt geworden, dass in NRW bei Amazon in Werne und Rheinberg für das Weihnachtsgeschäft tausende Arbeitslose befristet für drei Monate eingestellt werden, nachdem sie vorher zwei Wochen ohne Lohn zur Probe arbeiten sollen. Nach Angaben des Sprechers der Regionaldirektion NRW der Arbeitsagentur, Werner Marquis hat Amazon 2010 „durch die Regelung etwa 950.000 Euro“ gespart.

Sechs Wochen arbeiten, vier Wochen Bezahlung – bei Amazon ist das möglich
„Sechs Wochen arbeiten, vier Wochen Bezahlung – bei Amazon ist das möglich. Denn der Onlinehändler nutzt eine Gesetzeslücke und spart im Weihnachtsgeschäft mit Hilfskräften auf diese Weise viel Geld“, beschreibt das aktuelle Manager-Magazin die Situation bei Amazon.

Den Fortschritt aufhalten? Jeder Gang macht schlank
Den sogenannten Fortschritt werde ich nicht aufhalten können und wollen, aber solange ich meine Bücher beim Buchhändler um die Ecke kaufen kann und sogar schneller geliefert bekomme als bei Amazon, nutze ich die Gelegenheit und gehe zum Laden hinunter – immer mit der Option auf unvorhergesehene Begegnungen und Gespräche, und Bewegung an der frischen Luft. Jeder Gang, auch der zum Dorfladen, macht schlank 😉

* Dies ist eine unbezahlte Werbung für die Geschäfte vor Ort, in Siedlinghausen, in Winterberg, im Sauerland und überall.  Klar, dass mich Buchhandlungen am meisten interessieren, oder?