Winterberg: Förderung von privaten Holzöfen?

Gestern hat der Rat der Stadt Winterberg getagt. Die Tagesordnung war lang, aber der TOP 6.11 ist mir im Ratsinformationssystem ins Auge gefallen: „Förderung von privaten Holzöfen, hier: Beratung und Beschlussfassung über die Förderrichtlinie“.

In der Beschlussvorlage heißt es u.a.:

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Ist das Verfeuern von Holz wirklich klimaneutral oder besiegelt die Übernutzung dieses Rohstoffs nicht den Ausverkauf des deutschen Waldes unter dem Label der Nachhaltigkeit?

Es geht nicht in erster Linie um den Wert des Waldes, sondern – wie schon bei den Forstklassikern vor 200 Jahren – fast ausschließlich um Holz (Foto: Karl Josef Knoppik)

Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann aus dem Erzgebirge, prägte als erster im Jahre 1713 den Begriff der Nachhaltigkeit. Dieser wurde im frühen 18. Jahrhundert vor dem Hintergrund einer zunehmenden Holznot definiert.

Kein Begriff wird heutzutage so mißbräuchlich verwendet wie Nachhaltigkeit. Er wurde zum geflügelten Wort und muß heutzutage für nahezu alles herhalten.

Genauso wie das Attribut „aus regionaler Herkunft“ oder „regionaler Erzeugung“, was den Menschen suggerieren soll, daß die Nahrungsmittel, die ihnen über die Ladentheke gereicht werden, tiergerecht und ohne chemische Dünger und Pestizide angebaut werden.

Fast jeder Betrieb, jedes Unternehmen reklamiert für sich fortschrittlich und innovativ zu sein und damit dem hohen Anspruch der Nachhaltigkeit zu genügen. Alle möchten am liebsten ganz vorn dabei sein. Das betrifft aber nicht nur die Lebensmittelbranchen. Vorausgesetzt, es würde zutreffen, daß eine große Anzahl von Betrieben Nachhaltigkeit nicht nur predigen, sondern auch in der Praxis anwenden, dürfte es kaum noch Massentierhaltung geben, könnte man glauben.

Am Urwaldsteig im NP Kellerwald-Edersee – Foto: Doris Knoppik

Ein anderes geflügeltes Wort betrifft unsere angeblich vorhandenen Werte, die immer dann besonders herausgestellt und verteidigt werden, wenn die eigene Wirtschaft von außen bedroht ist, durch Länder, in denen Bürgern ihre demokratischen Grundrechte vorenthalten werden und wo Umwelt- und Gesundheitsschutz keine Rolle spielen. Von welchen Werten sprechen diese Politiker eigentlich? Sie hat man doch längst über Bord geworfen.

Die deutsche Politik ist nicht wertorientiert. Wir beuten die sog. 3. Welt aus. Durch unsere höchst zweifelhafte Exportwirtschaft vergrößern und zementieren wir die dortige Armut, vernichten deren Lebensgrundlagen, plündern ihre Ressourcen. Die Bundesregierung unter Scholz blockiert bis heute ein Lieferkettengesetz, das auf allen Produktionsstufen die Einhaltung der Menschenrechte und wirksamen Natur- und Klimaschutz garantieren soll. Von nachhaltigem Denken geschweige denn Handeln also keine Spur. Für diese irrationale Vorgehensweise gibt es nur eine Erklärung: Entweder ist man sich über die Bedeutung des Begriffs nicht im klaren, oder es fehlt einfach der Wille und/oder die Kraft zur Durchsetzung solcher Maßnahmen, weil in Regierungsverantwortung stehende Politiker allein die Interessen der Wirtschaft im Auge haben.

Natürlicher Eichenwald, oft gemischt mit Hainbuche und anderen Laubhölzern: Heute fast nur noch in Reservaten, wie hier im Nationalpark Kellerwald-Edersee zu beobachten. Foto: Doris Knoppik

Natürliche Ressourcen dürfen nur in dem Maße verbraucht werden, wie sie sich durch Nachwuchs erneuern. Das gilt für das Ökosystem Wald ebenso wie für die Ressource Wasser. Eine Binsenweisheit!

Zu Beginn der industriellen Revolution wurde die erneuerbare Ressource Holz nur dadurch vor der endgültigen Vernichtung bewahrt, – die nachhaltige Nutzung des Waldes also nur dadurch möglich -, daß Stein- und Braunkohle die Holzkohle ersetzten.

Holzverbrennung ist klimaschädlich. Holz zu verheizen, gilt nach landläufiger Meinung als „klimaneutral“. Dieser Rohstoff weise die bessere CO²-Bilanz auf, so die gängige Auffassung. Die holzverarbeitende Industrie sieht darin ein großes Einsparpotenzial. Tatsächlich? Nach Ansicht des Wissenschaftlers Prof. Dr. W. Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist das eine Milchmädchenrechnung. Denn Bäume wachsen bekanntlich sehr langsam. Während die eine Biomasse langsam nachwächst, holzt man schon die nächste ab. In Minutenschnelle wird verbrannt, was innerhalb von Jahrzehnten gewachsen ist. Man ist also ständig im Minus, so Prof. Lucht; und es dauert Jahrzehnte, bis dieses System irgendwann ins Plus kommt. Und in diesen langen Zeiträumen haben wir mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre als wenn man nicht abholzen würde. So reichert sich ständig mehr CO² in der Atmosphäre an, was die globale Erwärmung weiter befeuert. Nach Aussage des Experten vom PIK fällt durch die Verbrennung von Holz 1 ½ mal soviel CO² an wie bei der Kohleverbrennung, doppelt so viel wie bei der Ölverbrennung und sogar dreimal so viel wie bei der Verbrennung von Gas.

Einschichtig aufgebauter Fichtenreinbestand im Sauerland (Altersklassenwald) – Foto: Karl Josef Knoppik

Raubbau am deutschen Wald

Der Buchautor und Forstwirtschaftskritiker Peter Wohlleben beklagt seit langem den Raubbau am deutschen Wald: Der Einschlag pro Waldfläche liege 4-mal höher als der Weltdurchschnitt und auch noch deutlich höher als jener in der EU (Quelle: ARD-Magazin Plusminus vom 25.8. 2022). Wo soll die ganze Biomasse herkommen?

Ausgedehnte Waldgebiete werden radikal abgeerntet und in Pelletwerken verheizt, gehen in Flammen auf. Holz ist aber viel zu wertvoll, um einfach verbrannt zu werden. Der blanke Hohn ist, daß dieser Wahnsinn auch noch als „klimaneutral“ gilt. Mit demselben Recht könnte man auch den fossilen Brennstoff Kohle als nachhaltig bezeichnen. Fossile Energie wird aus Brennstoffen gewonnen, die in geologischer Vorzeit aus Abbauprodukten von toten Tieren und Pflanzen entstanden. Das sind z. B. Riesen-Farne, Bärlappe oder Schachtelhalmgewächse. Letztere gediehen in Sümpfen und Mooren. Den größten Bestandteil der Wälder in der Karbonzeit vor ca. 300 Mio. Jahren stellen die Farnpflanzen dar. Sie erreichten Höhen von 10 bis 15 Metern. Riesige Pflanzenmassen sammelten sich an, aus denen im Verlauf der weiteren Erdgeschichte durch langsam verlaufende chemische Prozesse unter dem Druck darüber liegender Erdschichten die Steinkohlelagerstätten entstanden (Quelle: Wikipedia).

Die Redaktion von „Plusminus“ wollte zu diesem Problem den Wirtschaftsminister Habeck und die ebenfalls grüne Umweltministerin Steffi Lemke interviewen. Doch von keinem der beiden Amtsträger war für die ARD-Reporter eine Stellungnahme zu bekommen.

Unterdessen liefen zahlreiche Verbände gegen den Beitrag des ARD-Magazins Sturm, namentlich die Säge- und Holzindustrie, die Fachagentur nachwachsende Rohstoffe, der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband und die Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF). Sie alle gingen auf die Barrikaden. Das werte ich als eindeutiges Zeichen dafür, daß das „Plusminus“-Autorenteam und die in der Sendung zu Wort gekommenen Experten ins Schwarze trafen.

Übrigens haben schon jetzt jährlich mehr als 20 Milliarden von fehlgeleiteten Subventionen für die Holzverbrennung Wälder in Europa und weltweit massiv geschädigt, den Klimawandel und das Artensterben angeheizt und die Luftverschmutzung vorangetrieben. Derzeit wird das Verbrennen von Holz als Energierohstoff in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU überdacht, heißt es nach Recherchen der Umweltorganisation ROBIN WOOD. Das Verfeuern von Wäldern ist nicht erneuerbar und kein Beitrag zum Klimaschutz. Der Biomassennachfragemarkt gilt bisher als grüne Energie, weil sich damit viel Geld verdienen läßt.

Pellets in Deutschland

Die Forst- und Holzlobby weist darauf hin, daß Pellets in Deutschland zu etwa 90 Prozent aus Rest- und Abfallstoffen der Säge- und Holzindustrie hergestellt werden. Das übrige Zehntel werde auf Basis von nicht sägefähigem Waldholz erzeugt, welches als Teil des Einschlags von Holz für die Säge- und Holzindustrie oder bei notwendigen forstlichen Maßnahmen, wie der Verkehrssicherung, anfällt. An dieser Stelle muß ich darauf hinweisen, daß unter dem Deckmantel der Verkehrssicherung allzu oft Kahlschlag auf breiter Front betrieben wird, ohne jede Rücksicht auf Aspekte der Biodiversität. Der Wald wird regelrecht zu Tode genutzt. Von Nachhaltigkeit kann deshalb nicht die Rede sein.

Alles Holz, das geerntet wird, ist Teil des natürlichen Kreislaufs im Ökosystem Wald. Dies sollte sich die Holzindustrie hinter die Ohren schreiben. Es gibt keine Biomasse welcher Art auch immer, die für die Wald-Lebensgemeinschaft nicht von essentieller Bedeutung wäre. Der natürliche Kreislauf kann doch nur funktionieren bzw. aufrechterhalten werden, wenn Biomasse, die durch Abbau- und Zerfallsprozesse ständig anfällt, wieder in diesen Kreislauf zurückgeführt wird. Das ist Recycling in Perfektion. Von der Natur lernen, lautet die Devise!

Klimaschutzwald mit hohem CO²-Speichervermögen und reicher Artenvielfalt – Foto: Knoppik

Rund 50 Mio. Tonnen CO² nimmt der deutsche Wald jedes Jahr auf. Aber wenn er weiter so genutzt wird wie bisher, wird dieser Wert sinken, prognostizieren Forscher des Freiburger Ökoinstituts in einer bereits zu Beginn des Jahres 2018 veröffentlichten Greenpeace-Studie (www.waldvision.de) Anhand von Computermodellen haben sie errechnet, daß der Wald zu Anfang des nächsten Jahrhunderts nur noch ca. 1/3 der Menge absorbieren kann. Um das Aufnahmevolumen von heute auch künftig zu erreichen, brauche es mehr Schutzgebiete, eine ökologische Bewirtschaftung vom Rest des Waldes sowie „eine moderate Verringerung des Holzeinschlags.“

Nur noch 2,9 % der Landfläche befinden sich in ursprünglichem Zustand. Eine Steigerung der Anzahl von Wildnisgebieten in Deutschland wird nach wie vor angemahnt. Momentan sind 0,6 % reine Wildnisgebiete, viel zu wenig. 2 % sollten es bis 2020 sein. Dieses Ziel wurde klar verfehlt. Die Interessen der Holz- und Forstwirtschaft haben sich einmal mehr durchgesetzt. Das ganze Gerede von der Politik ist damit wie eine Seifenblase zerplatzt. Nur 3 % der Waldfläche können als Naturwälder angesprochen werden.

Klimagerechter Mischwald ist chancenlos

Einen wesentlichen Anteil daran, daß bei uns ein klimagerechter Mischwald aus heimischen Baumarten chancenlos ist, hat auch die am Trophäenkult sich ergötzende Jagdlobby. Die Schalenwildpopulationen sind fast überall viel zu hoch, als daß die so wichtigen Edellaubhölzer mit der Buche als Leitbaum den selektiven Wildverbiß im Jugendstadium überstehen könnten. Wald wird zur bloßen Kulisse eines bequemen Jagdvergnügens und degeneriert zur reinen Holzplantage.

Vorbildlich bewirtschaftete Wälder, die das Prädikat Ökologisch und Nachhaltigkeit für sich in Anspruch nehmen können, gibt es in Deutschland seit vielen Jahren. Ein sehr positives Vorzeigeobjekt unter ihnen ist der Lübecker Stadtwald, zertifiziert durch den Ökoverband NATURLAND. Hier lag zu Beginn der 90er Jahre die durchschnittliche Holzmenge pro Hektar bei etwa 300 Kubikmetern. Inzwischen kommt man in diesem Wirtschaftswald auf fast 500 Kubikmeter. Der deutsche Durchschnitt liegt bei höchstens 330. Das Rezept der dort verantwortlichen Förster für einen höheren Holzvorrat: Geduld und ein solides wirtschaftliches Konzept. Knut Sturm vom Stadtwald Lübeck erklärt: „Wir lassen unsere Bäume im Schnitt um mindestens 30 Jahre älter werden als die meisten anderen Forstbetriebe. Das Holz ist dann deutlich dicker und hochwertiger. So schlagen wir insgesamt weniger Holzstämme ein, erzielen damit jedoch höhere Preise.“ (Quelle Schrot & Korn 10/22). Damit ließe sich etwa so viel verdienen wie mit einem normalen Wirtschaftswald. Gleichzeitig wird der Wald jedoch gestärkt und kann seine Gemeinwohlfunktionen besser erfüllen. Das Lübecker Modell wurde in engem Austausch mit Bürgern, Politik, Wissenschaft und Umweltorganisationen entwickelt. Heute, 30 Jahre später, ist die positive Veränderung deutlich spürbar: „Man muß kein Experte sein, um wahrzunehmen, daß unser Wald dunkler, geschlossener, kühler, feuchter und offenbar gesünder ist als viele unserer Wälder.“

Naturwälder reichern mehr Holz an als Wirtschaftsforste

Längst ist erwiesen, daß Naturwälder, läßt man sie wachsen, mindestens doppelt so viel Holzvorräte anreichern wie Wirtschaftsforste, so Dr. Hans Bibelriether, früherer Chef des Nationalparks Bayerischer Wald. In Naturwäldern werden die Bäume 400 bis 600 Jahre alt. Das Durchschnittsalter in deutschen Wäldern liegt bei 77 Jahren. Würde auf 5 Prozent der Fläche keine Nutzung stattfinden, ergäbe das eine viel höhere CO²-Bindung als in Wirtschaftsforsten, von der überreichen Artenvielfalt ganz zu schweigen. Buchenreiche Naturwaldreservate mit lebendem Holzvorrat bis zu ersten Vorratsfestmetern zeigen, daß in diesen Wäldern die Holzvorräte mindestens verdoppelt werden können. Die CO²-Speicherleistung in den Waldböden ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Erst ab einem Alter von 800 Jahren halten sich Aufnahme und Abgabe von CO² die Waage. Die Tatsache, daß beachtliche 6.700 Tier- und 4.300 Pflanzenarten(!) in natürlichen Buchenwäldern vorkommen, unterstreicht die überragende Bedeutung eines Nutzungsverzichts. Darunter befindet sich ein hoher Anteil an Pilzen mit weit über 500 Arten, außerdem Moose, Flechten, Kerbtiere, sowie hunderte von Käferarten, die „Totholz“ in mehreren Entwicklungsstadien besiedeln.

Werfen wir ein Blick nach Nordbayern, wo seit Jahren um einen Buchenwald-Nationalpark Steigerwald gestritten und gerungen wird. Die bayerische Staatsregierung weigert sich bis heute, dort ein Naturreservat von internationaler Bedeutung einzurichten.

Die Holzlobby und die Bayerischen Staatsforste werben vielmehr offensiv für ein anderes Konzept. Ihr Gegenentwurf zu einem Nationalpark lautet: „Schützen durch Nützen“.

Irreführende Öffentlichkeitskampagne

„Mit Öffentlichkeitskampagnen, Walderlebniszentren und Baumwipfelpfaden reklamieren sie das Thema Umweltbildung im Wald für sich und suggerieren der breiten Öffentlichkeit, daß Wald am besten durch „nachhaltige Nutzung“ zu schützen sei. So wurde bspw. das 2011 vom Bayerischen Landtag beschlossene Steigerwald-Zentrum als „bundesweites Vorzeigeprojekt zur nachhaltigen und umweltschonenden Waldbewirtschaftung“ gemacht und damit die jahrelang diskutierte Einrichtung eines Nationalparks konterkariert. (Quelle NATIONALPARK 1/2019 – Hans-Dieter Knapp, Dipl.-Biologe).

Man möchte einen Wald, bestehend aus Gruppen von jüngeren und älteren Bäumen vorhalten. Nur: Wenn ich ihn umschneide, kann ich ihn nicht mehr schützen. Denn Bäume, die frühzeitig geerntet werden, sind automatisch nicht richtig geschützt. Man begnügt sich mit kleinen Inseln inmitten eines forstwirtschaftlichen genutzten Waldes. Das ist pure Augenwischerei.

Der Ebracher Forst im Steigerwald, nun schon seit Jahren für einen NP favorisiert, wird künstlich jung gerechnet, obwohl hier überall alte Bäume stehen. Die alten Bäume werden mit den jungen verrechnet, daraus wird ein Mittelwert gebildet. Und damit haben wir keine 140 bis 180 Jahre alten Wälder, sondern nur 120-jährige.

So ein jüngerer Wald erscheint natürlich weniger schützenswert.

Das Weltnaturerbe Steigerwald liegt am Boden. Für Vertreter der Bayerischen Staatsforste sind erst 250- und 300-jährige Buchen alte Bäume.

Der Landes-Staatswald ist in weiten Teilen ein ökologisch unreifer Wald. Der Anteil der Baumaltersklasse über 160 Jahre erreicht gerade mal 4 Prozent. Im Laubwaldbestand liegt der Anteil der Althölzer bundesweit bei nur 3 Prozent, das sind 99.755 Hektar. Dabei handelt es sich häufig um weitgehend bereits abgeerntete, aufgelichtete Altholzbestände. Das nahezu vollständige Fehlen von Altersphasen mit fortgeschrittener Waldentwicklung hat fatale Wirkungen auf die biologische Vielfalt unserer Wälder (NATIONALPARK 2019).

Fazit: Wenn der Begriff Nachhaltigkeit in unseren Wäldern seine Berechtigung haben und nicht zur Farce werden soll, bedarf es eines behutsamen und auf strikte Sparsamkeit bedachten Umgangs mit der Ressource Holz. Anzustreben ist eine sofortige Abkehr von Monokulturen einschließlich darin eingebrachter fremdländischer Baumarten, die nur dem Zweck dienen sollen, möglichst viel Holz zu erzeugen. Das Ziel muß aber sein, endlich auf breiter Front naturnah aufgebaute und artenreiche Mischwälder zu begründen, die schonend nach dem Dauerwaldprinzip mit Augenmaß bewirtschaftet werden. Sie sind auch weitaus widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels.

Die Nachhaltigkeit der deutschen Wälder, – es handelt sich ja meist um intensiv genutzte Forste, – ist längst überstrapaziert. Wälder werden in Nacht- und Nebelaktionen leergeräumt, ohne jede Rücksicht ihrer organischen Substanz beraubt (Äste, Zweige für Schmuckreisig, „Totholz“, Stubben, Strünke etc., allesamt für ein funktionierendes Ökosystem unentbehrliche Biotop- und Strukturelemente, alles im Namen der Nachhaltigkeit.

Karl Josef Knoppik, 14. November 2022

Thema verfehlt! Westfalenpost scheitert an Kachelmann-Tweet: Sauerlandemotion statt Feinstaubdebatte

Es ist traurig zu lesen, wie die Westfalenpost das wichtige Thema „Feinstaubbelastung durch Holzfeuerung“ mit ihrem gestrigen Artikel „Kachelmann ätzt auf Twitter gegen Kamin-Nutzer im Sauerland“ verhunzt.

Das zugrunde liegende eigentliche Problem ist die Feinstaubbelastung vieler Orte durch die Holzverbrennung in Kaminöfen. Punkt.

Was macht die Westfalenpost daraus? Eine Unterstellung, dass der Meteorologe Jörg Kachelmann gegen Kamin-Nutzer im Sauerland ätze.

„Kachelmann ätzt auf Twitter gegen Kamin-Nutzer im Sauerland“, schreit die Schlagzeile der Westfalenpost Meschede, um den dann folgenden Artikel hinter einer Bezahlschranke zu verbergen.

Der schlechte Witz ist, dass sich Jörg Kachelmann auf Twitter gar nicht speziell zum Sauerland geäußert hatte. Sein Ursprungstweet lautete:

„Alle gängigen Alternativen sind deutlich, sehr deutlich gesünder für die Nachbarn als das Verbrennen von Holz. Holzverbrennen ist eine dumme Steinzeittechnologie, die durch eine nicht weiter adjektivierbare Gruppe von bildungsfernen Menschen zu Unrecht zum Leben erweckt wurde.“

Quelle: https://twitter.com/Kachelmann/status/1047920916162928641

Kein Sauerland, aber auftaucht ein gewisser Olli Sch., ein Twitter-User unbekannter Identität. Olli Sch. fragt nun anscheinend unschuldig:

„Im Sauerland haben wir noch viel mit Holz geheizt. Sind mit dem Trecker in den Wald gefahren und haben Holz gesammelt. Ist das schädlicher als eine Nachtspeicherzeizung? Was wären die Alternativen umweltfreundlich zu Heizen? Denke Deutschland hat generell ein Energieproblem,“

Quelle: https://twitter.com/OlliSch1/status/1047920239952969729

Es äußern sich nun andere Twitterer, aber Olli Sch. lässt nicht nach. Er hat ja nun -„reim dich oder stirb“- Kachelmann mit dem Sauerland verknüpft. Olli Sch.:

„Sie bezeichnen #Sauerländer als bildungsfern? @WPMeschede @WPArnsberg“

Quelle: https://twitter.com/OlliSch1/status/1047923665235525632

Was passiert hier? Olli möchte jetzt auch noch von Kachelmann hören, dass die Sauerländer bildungsfern seien und „petzt“ gleichzeitig an die Westfalenpost Redaktionen Meschede und Arnsberg.

Kachelmann selbst ist verblüfft, da er ja weder die Sauerländer noch deren angebliche Bildungsferne ins Spiel gebracht hat, und er twittert zurück:

„Haben die Sauerländer den Kölnern und Düsseldorfer[n] [ge]sagt, dass sie in ihren Villen Komfortkamine einbauen sollen? Interessant. Erzählen Sie mehr von sich. Unser Experte @PostelGert hilft gerne.

https://twitter.com/Kachelmann/status/1047924141981159425

Jeder, der lesen kann, weiß nun, dass es Kachelmann nicht um das Sauerland ging, sondern (auch) um die gut situierten Holzverfeuerer in den Metropolen, die mit ihren Kachelöfen die gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung in die Höhe treiben.

Das alles scheint unseren Twitterer Olli nicht zu interessieren. Er hat jetzt die nötigen Fährten gelegt, damit die Westfalenpost ihren Aufreger-Artikel „Kachelmann ätzt auf Twitter gegen Kamin-Nutzer im Sauerland“ bringen kann.

Journalistisch interessant wäre es gewesen, wenn die Westfalenpost Meschede ihre Leser über die Hintergründe der Feinstaubbelastung durch Holzfeuerung aufgeklärt hätte. Daten und Fakten dazu gibt es genug.

Jörg Kachelmann engagiert sich sehr in der Feinstaubfrage. Es gibt inzwischen einen Feinstaubradar für Deutschland und Bastelanleitungen für eine eigene Feinstaub-Station, die man per Internet in diesen Radar einhängen kann.

Dazu siehe: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.feinstaubradar-stuttgart-so-viel-feinstaub-ist-an-ihrem-ort-in-der-luft.91348ea0-3c1d-48b0-abbb-7bd8d399c223.html

Zum Schluss noch meine eigenen Beobachtungen im Sauerland:

Wenn ich an kälteren Abenden, meist bei ruhigen Hochdruckwetterlagen, mit dem Fahrrad oder Auto durch das Sauerland fahre, kann ich die Luftverschmutzung in einigen Tal-Lagen schmecken und riechen.

Wenn ich dann zur Nacht, wie ich es gewohnt bin, das Schlafzimmerfenster öffne, zieht der Gestank der Kamine auch in die Wohnung; und ich denke dann: War es eigentlich in Hamburg abends genau so gesundheitsschädlich einzuschlafen?

Der ätzende Westfalenpostartikel hat jedenfalls nicht aufgeklärt, sondern verdummt. Das sieht man auch an den Kommentaren unter dem auf Facebook geposteten Link zum Artikel mit Bezahlschranke.

Beispiel gefällig?

„Warum sollte sich irgendwer im Sauerland über seine Aussagen echauffieren? Diesem Blender [i.e. Kachelmann, zoom] hört doch schon seit Jahren keiner zu und irgendwie muss er ja(immer wieder mal) die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sonst verfällt er ja komplett in Depression.“

Jede Zeitung hat es in der Hand, ihre Leser aufzuklären oder aufzustacheln.