Kleine Fluchten: fast erledigt!

Ich habe keinen Ehrgeiz, die ganze Strecke aus dem Sauerland hinauszuradeln. (fotos: zoom)

Wenn ich raus muss, muss ich raus. Das Blog habe ich zu Hause gelassen und eine Fahrkarte nach Dortmund gelöst.

Diesmal habe ich mich vom Hauptbahnhof durch die Nordstadt zum Hafen treiben lassen. Es radelte sich wie von selbst. Eine neue Strecke ist wie ein neues kleines geschenktes Leben.

Blauer Himmel, bunte Wandbilder an der Strecke. Emscher-Weg – ich komme wieder.

Die Emscher war teils renaturiert und teils in ihrer alten Rinne. Wer sich ein halbes Jahrhundert zurückversetzen lassen will, bleibt an den alten Abschnitten des Emscher-Wegs stehen. Dort riecht es noch so wie früher: faulig, stechend, süßlich, unbeschreiblich schrecklich-schön. Ein Jungbrunnen.

Der Geruch der Emscher als Pfad in die Kindheit.

Am alten Schiffshebewerk Henrichenburg wusste ich nicht, welche Entenart in der Schleuse umher schwamm.

Hat irgendwer eine Idee?

Enten im Schiffshebewerk Henrichenburg.

Warum schreibe ich das alles? Weil ich auf der Flucht war. Kleine Fluchten eröffnen große Perspektiven. Enten? Emscher?

Ok, in Wahrheit war ich auf dem Weg zu den Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Dort haben wir uns den Sandmann von E.T.A. Hoffmann in der Inszenierung von … nein, das kommt später … angesehen.

Eine Rezension folgt, aber auch nur vielleicht, weil ich mich auf der Flucht befinde. Sobald ich in Sicherheit bin, schreibe ich los.

Versprochen.

Und bevor gp es kommentiert, poste ich das Folgende lieber unverzüglich:

Friedlich, bunt und fröhlich: Köln stellt sich quer

Bunt statt braun war es gestern auf den Plätzen und Straßen der Kölner Innenstadt. (foto: zoom)

Im Vorfeld der Kölner Demonstrationen gegen die AfD wurde viel über zu erwartende Gewalt und Ausschreitungen berichtet. Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass ich mir überlegt hatte, nicht nach Köln zu fahren.

Im Nachhinein bin ich froh, dass ich meine Ängste überwunden habe und mir selbst ein Bild von der größten Veranstaltung, der Kundgebung und Demonstration unter dem Motto „Köln stellt sich quer – gemeinsam für Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität“ gemacht habe.

Ein breites politisches Spektrum hatte zur Teilnahme aufgerufen: Parteien von CDU bis hin zu den Linken,  Kirchen, Gewerkschaften, Karnevalsvereine, Musik- und andere kulturelle Gruppen.

„Unser Kreuz hat keine Haken“. Auch die Kirchen waren dabei. (foto: zoom)

Mir fiel auf, dass es eine sehr junge Demonstration war, und nicht so eine von den 50+ Latsch-Demos, auf denen sich die Reste der 68er+-Generation aus Gewohnheit auf die Straße schleppen.

Hat es was gebracht?

Keine Ahnung, wir leben in schwierigen Zeiten.

Historische Bezüge im Demonstrationszug. (foto: zoom)

Polyamorie: die Neue heißt Leipzig

Coole Stadt – heiße Liebe: Leipzig, nah & frisch (foto: zoom)

Mein ganzes Leben lang hatte ich diese Stadt noch nicht gesehen, aber jetzt habe ich mich Hals über Kopf in Leipzig verliebt.

In den wenigen Stunden, die ich hier verbracht habe, stolperte ich durch die Karl-Liebknecht-Straße mit ihrem bunten Kneipen- und Gaststättengemisch, schwebte durch Museen und Parks, sah Straßenkunst und Installationen, lief entlang der Bücher- und Plattenläden, verzehrte ein Konzert im Gewandhaus, habe eine Currywurst mit einem großen Bier hinunter gespült und bin immer noch nicht satt.

Gleich bin ich weg, aber ich weiß, dass ich zurückkommen werde. Cambridge, Hamburg, Dortmund, Bonn, Dublin, Bochum, Duisburg, Kassel, Bamberg, Washington, New York, Budapest, Prag, Wien …

Ich habe eine Neue, und die heißt Leipzig. Die anderen liebe ich aber trotzdem noch. Ganz doll, ehrlich!

Husum -> HSK. Zwischenstopp Planetarium Hamburg: ganz oben und auch unten.

Auf dem Weg von Husum in den HSK: Blick vom Planetarium im Hamburger Stadtpark auf die Stadtsilhouette mit Fernsehturm. (foto: zoom)

Der Rückweg von Husum in Nordfriesland bis ins „Hohe Hochsauerland“ kostet mich mit gemütlicher Autobahngeschwindigkeit von 120 km/h -die beiden Fahrräder auf dem Heckträger machten uns bei starken Winden vorsichtig- einen halben Tag, gut sechs Stunden.

Wir haben das Ende des Urlaubs durch eine Zwischenstopp in Hamburg hinausgezögert.

Prokrastination, ich komme schon.

Im Stadtpark herrschte Aprilwetter: Regen, Sonne, Hagel. Himmel grau, Himmel blau.

Das Planetarium ist vom Stadtparksee aus im Hintergrund zu sehen. (foto: zoom)

Den Rest erzähle ich vielleicht später. Da würde es dann, wie bei der Hinfahrt, um Autobahnstaus, Google-Maps und die Fähigkeit gehen, einen Stau in seiner ganzen Dynamik einzuschätzen.

Vor dem Abschied aus Hamburg habe ich die Regentropfen von der Brille gewischt, das Narzissenbeet geknipst und das Fahrtziel „Winterberg“ ins Tablet gehackt.

Keine Rosen, keine Tulpen, nur Narzissen – das Leben ist schön. (foto: zoom)

Der letzte Tag: Pellworm

Auf der Fähre von Nordstrand nach Pellworm war der Himmel noch voller Blau. (fotos: zoom)

Am letzten Urlaubstag in Nordfriesland haben wir die kleine Insel ohne Dünen -Pellworm-  besucht.

Pellworm ist rundum von einem Deich eingeschlossen. Ohne den völligen Abschluss zur und von der Nordsee gäbe es die Insel wahrscheinlich nicht mehr, denn sie liegt mehr als einen Meter unter dem mittleren Hochwasser.

Die Fähre kostete hin- und zurück 12 Euro pro Person und benötigte ca. 40 Minuten zwischen Strucklahnungshörn auf Nordstrand und dem Anlieger auf Pellworm, der zwei Kilometer vom alten Hafen entfernt in die Fahrrinne ragt.

Mit dem Shuttle-Bus wird man zum „Zentrum“ gefahren.

Mit dem Bus (kostenlos) wurden wir zum Hafen gefahren. Fischbrötchen und dann zwei Stunden auf dem Deich Richtung Leuchtturm und zurück gegangen, gewandert, geschlendert – je nach Wind und Laune.

Gegenwind – Rückenwind. Das übliche Nordsee-Muster.

Schafen beim Fressen zugucken.

Seele baumeln lassen.

Entspannt am Deich. Blick Richtung Nordstrand. Die Flut kommt.

Zum Abschluss ein Pott Kaffee mit Himbeerkuchen. Bus. Fähre. Flut.

Ein runder Tag.

Moin! Husum, Piraten, Schaufensterpuppen und der Strand von Sylt.

Das Morgenlicht scheint im Husumer Binnenhafen. (fotos: zoom)

Das „Moin!“ in Nordfriesland ist eine Art Rundumsorglosbegrüßung. Morgens, mittags, abends – mit „Moin!“ liegt man anscheinend immer richtig.

Der Doppelvokal „oi“ wird dabei nicht kurz und knapp gesprochen wie in „Moin, Moin“, sondern beide Selbstlaute klingen lang und gut voneinander unterscheidbar. Für mich hört es sich wie „Mooh-hiihn“ an. Gewöhnungsbedürftig.

Für 31 Euro sind wir heute mit dem Zug von Husum nach Westerland auf Sylt und zurück gefahren. Mit diesem Schleswig-Holstein-Ticket hätten wir einen Tag lang von 9 bis 3 Uhr des Folgetages flexibel durch ganz Schleswig-Holstein fahren können. Das Ticket gilt in allen Nahverkehrszügen in der 2. Klasse in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern (Busse ausgenommen) sowie in Hamburg in allen Verkehrsmitteln der HVV-Ringe A und B (Schnellbusse ausgenommen).

Am Bahnhof von Westerland fiel mir ein ironisches Wahlplakat der Piraten zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein am 7. Mai 2017 auf.

Sarkasmus, Selbstironie oder Galgenhumor? Wahlplakat der Piraten auf Sylt. 2012 hatte die Piraten noch 8,2% der Stimmen erhalten.

Unser Ziel war der Strand. Über der Friedrichstraße auf dem Café Leysieffer wurden drei bemalte männliche Schaufensterpuppen (oder etwa nicht?) von der Sonne beschienen.

Was will mir Westerland sagen?

Blau, grün, rot und schwarz bemalte Gesellen ohne primäre Geschlechtsmerkmale. Schaufensterpuppen?

Auf den Strand kamen wir erst nach Zahlung der Kurtaxe von 2 Euro pro Person am Kassenhäuschen. Aber dann wurde es ein schöner Spaziergang entlang der Meereslinie bei auflaufender Flut.

Alles richtig gemacht. Timing, Wetter – es passte.

Es war noch nicht viel los, und das war gut so.

„Rüm hart – klaar kiming“

Am Dockkoog bei Husum wird das Herz weit und der Horizont klar. (foto: zoom)

Rüm hart – klaar kiming”, wenn nur dieser verflixte Gegenwind nicht wäre. Rechtzeitig ist uns heute eingefallen, dass man das Rad einfach umdrehen und sich vom Rückenwind treiben lassen kann.

Die Frühlingsstürme hoch im Norden haben an unseren Nerven gezerrt, aber schön war es trotzdem – bis auf den Wind.

St. Peter Ording hat mich an unser Ferienhaus an der Küste von Louisiana erinnert. Lang ist es her, und ich weiß nicht, ob Hurricane Katrina 2005 noch etwas von den Hütten auf Stelzen an der Golfküste übrig gelassen hat.

In der Zeit vor Ostern ist der Strand bei St. Peter Ording unaufgeregt leer. Hier ein Toilettenhäuschen auf Stelzen.

In St. Peter Ording standen jedenfalls noch alle Häuser auf ihren Holzbeinen, was mich angesichts der Naturgewalten am Meer immer wieder auf’s Neue erstaunt.

Wenn man in der Gegend ist, lohnt es sich das Eidersperrwerk zu besichtigen. Ich frage mich, wie Menschen derartige Bauwerke auf die Reihe bekommen, wo ich doch nur mit Ach und Krach einen Nagel in die Wand schlagen kann.

Das Eidersperrwerk von der Südseite aus gesehen
Das Eidersperrwerk von der Südseite aus gesehen.

Urlaubsidyll – dagegen komme ich nicht an.

Eine Radtour nach Friedrichstadt. Idyll an Treene und Eider (foto: zoom)

Im Urlaub sucht man stets das Vertraute in der Fremde. Am schönsten ist es nach dieser Formel in Friedrichstadt, da dort das „holländische Klein-Klein-Ambiente“ auf die Dithmarscher Uferlosigkeit trifft.

Bingo! Hier trinke ich gerne meinen Kaffee … bevor die anderen Touristen kommen und den Marktplatz besetzen.

Friedrichstadt lebt vom Tourismus und heute hat es von mir gelebt. Eine ganz große Tasse Kaffee und ein Stück Marzipantorte kurz vor zwölf auf dem Platz vor der Niebüller Backstube. Dann nix wie weg. Die anderen Touristen strömen in die „Holländerstadt“. So ist das mit dem fremden und dem eigenen. Jeder Jeck ist anders, und jeder Tourist schafft sich ein Distinktionsmerkmal vom anderen Touristen. Pfui und hui.

Es radelten jedenfalls wesentlich weniger Menschen von Husum nach Friedrichstadt als später am Tag Autofahrer über das Kopfsteinpflaster hoppelten.

Noch einiges könnte ich hier herumphilosophieren, aber wir mussten noch Postkarten schreiben und im „Sky“ eine Flasche Wasser für den Rückweg kaufen.

Dort, vor dem Sky,  habe ich eine „Simson“ gesehen und fotografiert. Die Fotos von den süßesten Schafen des Tages schenke ich mir zugunsten des Zweitakters.

Ich hätte die Simson gerne starten gesehen, aber der Besitzer ließ sich nicht blicken. (collage: zoom)

 

Sommerzeit? Nein Danke!

Der Herbst hat sich in das Frühjahr gerettet. (foto: zoom)
Voller Erschrecken habe ich festgestellt, dass morgen Nacht die Uhr umgestellt wird. Nach vorn, eine Stunde geklaut.

Ich muss jetzt statt um 5:15 Uhr um 4:15 Uhr aufstehen. Ich will das nicht. Welchen Vorteil soll das haben?

Nach einer Woche werde ich mich daran gewöhnt haben, dass es plötzlich morgens wieder dunkler ist, und ich übermüdet zur Arbeit fahren muss.

Eine Woche Quälerei.

Sagst du: „Ja aber – im Herbst gibt es doch die Stunde wieder zurück.“

Sage ich: „Das interessiert mich nicht.“

Die geschenkte Stunde im Herbst schleicht sich fast unbemerkt ins Leben, während die gestohlene Zeit im Frühjahr richtig weh tut.

Wo ist der Sinn? Übersehe ich etwas?