An das Ostarbeiterlager Herrenberg[1], Warstein, den 17. März 1944: „Konzentrationshäftlinge, Kriegsgefangene, Zivilarbeiter usw.“

Nie werde ich mehr „Iserlohn“ hören oder lesen können, ohne diese Sterbeurkunde vor mir
zu sehen (foto: nadja thelen-khoder)

Schon einmal habe ich länger aus der Akte „E 162: Vorschrift über die Behandlung und den Arbeitseinsatz der Ostarbeiter“ im Stadtarchiv Warstein zitiert.[2] Es war diese Akte, die mir verdeutlichte, daß Bürger der Sowjetunion eben ganz anders als andere „ausländische Arbeitskräfte“ behandelt wurden.

Je mehr ich lese, desto unbegreiflicher werden mir manche Behauptungen, Fragen und Worte; um nur drei zu nennen: die Behauptung „Davon haben wir nichts gewußt“, die Frage „Wie konnte das passieren?“ und das Wort „tragisches Schicksal“.

Schrecklich und schmerzhaft für mich ist zur Zeit, daß sich die „Vorschrift über die Behandlung und den Arbeitseinsatz der Ostarbeiter“ aus der Akte „E 162“ jetzt immer mehr mit Namen und Bildern füllen und mit Sätzen, die mir anderswo schon einmal begegnet sind. Alles wird so menschlicher und unmenschlicher, logischer und entsetzlicher …

Weiterlesen (PDF): Schützenhallen

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Anmerkungen

[1] https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2017/10/Der-Brand-der-Sch%C3%BCtzenhalleund-noch-eine-Liste.pdf

[2] http://hpgrumpe.de/ns_verbrechen_an_zwangsarbeitern_suttrop,_warstein,_meschede/2%20%20Waldfriedhof%20Meschede-Fulmecke%20Stand%2019%208%202017.pdf

Umleitung: von Rainer Trampert über die Bestechung im Lokaljournalismus zum Dehydrogenasen-Hasen und mehr …

„Unser Wunsch ging in Erfüllung“, aber welcher war es nur? (foto: zoom)

Rainer Trampert, Grünen-Funktionär: Rainer Trampert gehört zur ersten Generation der Grünen – er gründete die Partei mit und war fünf Jahre lang ihr Vorstandssprecher – bis er den Streit zwischen Fundis wie ihm und Realos aufgab und nicht mehr kandidierte … wdr5

Hintergrundgespräche im Journalismus: Ein Journalist will über Hintergrundrunden von Geheimdiensten und Bundesregierung schreiben – Gerichte haben mehr Verständnis als Kollegen … taz

Bestechung im Lokaljournalismus: In einem Debattenbeitrag für kress.de warnt Benjamin Piel, Redaktionsleiter der „Elbe-Jeetzel-Zeitung“, Lokaljournalisten davor, in die „Eitelkeitsfalle“ zu tappen. Dabei gehe es nicht um Geld … kress

„media partisans schmieren ab“: Das New Publishing Unternehmen media partisans, in das sich die Funke Mediengruppe mit ordentlich Bimbes im letzten Jahr eingekauft hatte, schmiert nach neuesten IVW-Online Zahlen bei den einst noch üppigen visits gerade ordentlich ab … medienmoral

Wolfgang Blau: Die Zukunft des Journalismus … wwwagner

G-20-Verfahren: überfordert ein junger Italiener die Hamburger Justiz? … ndr

Der Geschmack von Migration: Der nigerianische Künstler Emeka Ogboh nimmt die deutsche Leitkultur aufs Korn. Mit Lederhosen, Dirndl – und Schwarzbier[!] … dfkultur

„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“: Erkleckliches über die deutsche Wissenschaft, Angela Merkel und Annette Schavan stand kurz vor der Bundestagswahl – und begründet mit der anstehenden Bundestagswahl – in der Zeitschrift „Nature“ … erbloggtes

Stuttgart heute: Betonbratzen, Bordellbesitzer und Bürgermeisterversagen … welchering

Scheitert der Aufbau islamischer Verbände in Deutschland? Vortrag von Michael Blume vor der IGBD – Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland … scilogs

Make It Strange: Geschichte als Mythos, nicht als Reflexion … publicHistory

Warum Lehrer mehr über Bildung diskutieren sollten: „Immer wieder höre ich: Diskussionen darüber, was Bildung ist, seien Zeitverschwendung. Statt zu reden, solle man doch lieber aktiv etwas verändern. Dabei ist es genau anders herum: Wer im Schulsystem etwas verändern will, muss über Bildung diskutieren. Vier gute Gründe für mehr statt weniger Debatten“ … bildungslücken

Aktionsbündnis dämmert langsam vor sich hin: Das Aktionsbündnis klammer Kommunen „Für die Würde unserer Städte“ stirbt offenbar einen langsamen Tod. Das 2008 gegründete Bündnis – Hagen ist seitdem Mitglied – hatte von Anfang an auf die zentrale Ursache der Verschuldung der Städte hingewiesen: Das Abwälzen von Ausgaben, für die eigentlich der Bund zuständig ist, auf die Gemeinden … doppelwacholder

Was kosten Abschiebungen und Abschiebeversuche? Die SBL/FW auf der Suche nach Antworten … sbl

Helles Malz, Aroma-Hopfen, weiches Wasser: Vor 175 Jahren erfand der Bayer Josef Groll in Böhmen das Pilsener Bier … revierpassagen

Zu guter Letzt: Als der Dehydrogenasen-Hase einmal den Dehydratasen-Rasen betreten hatte … endoplast

Ein kleines Experiment auf dem Weg zum Podcast: Victor Klemperer und die LTI – ungeschnitten, roh und rau.

Experimente am offenen Herzen. Primat der Technik, aber Inhalte sind auch dabei. (foto: zoom)

Ich habe heute ein kleines Experiment gewagt und mein Aufnahmegerät ausprobiert. Ich hätte das Grundgesetz, den Wetterbericht oder meine Telefonrechnung vorlesen können, habe mich aber für einige Absätze aus Victor Klemperers LTI (Lingua Tertii Imperii) [1] entschieden.

Viktor Klemperer untersuchte live, also während er als Deutscher jüdischen Glaubens „als intellektueller protestantischer Konvertit jüdischer Herkunft“[2] versuchte, den deutschen Faschismus zu überleben, die Sprache des sogenannten „Dritten Reichs“.

Wer das Buch liest, kann einem großen deutschen Intellektuellen beim Denken zuschauen.

Ich lese das Porträt des Autors auf Seite 3, sowie den Beginn des Kapitels XXX: Der Fluch des Superlativs Seite 275/276, dazwischen ein paar Kapitelüberschriften.

Die Aufnahme habe ich bis auf die Umwandlung von wav in mp3 nicht bearbeitet. Beim ersten und zweiten Hören sind mir eine Menge Fehler/Schnitzer aufgefallen, sowohl im Detail als auch im Großen und Ganzen.

Aber irgendwo muss man ja anfangen, es sei denn, man hörte schon vor dem Beginnen auf.


 
Es würde mich freuen, wenn die LTI wenigstens eine neue LeserIn gewänne. Zwei und mehr wären auch in Ordnung. Lasst euch durch meinen Podcast nicht abschrecken.

Lesen ist seliger denn Hören … oder so.

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[1] Victor Klemperer, LTI, Leipzig 1975, Reclam Verlag, 20. Auflage, 2005. Text nach LTI, 3. Auflage, Halle (Saale) 1957

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer

Umleitung: Schaulaufen auf der Buchmesse, Leonard Cohen, Jamaika, Rechter Antifeminismus, früher war alles besser und das Denkmal des Monats

Trübes Wetter am Hemmelsdorfer See. Am Nordrand des Sees neben dem Abfluss zur Aalbeek steht der 14,35 m hohe hölzerne Aussichtsturm „Hermann-Löns-Blick“ (foto: zoom)

Frankfurt 2017: Prominentes Schaulaufen auf der Buchmesse … endoplast

Leonard Cohen: Take This Waltz … juedischeallgemeine

Gute Bauten – Böse Bauten? Can Architecture Embody Good and Evil? … publicHistory

Jamaika und das leere Stroh: Der Rummel rund um die Koalitionsgespräche … postvonhorn

Jamaika-Sondierungen zu Netzpolitik: Wirtschaft first, Gesellschaft second …. netzpolitik

Die Hubble-Relation oder: Wie Astronomen darauf kamen, dass das Universum expandiert … scilogs

Rechter Antifeminismus: Führer, wir folgen! Maid und Mutter machen mutig Menschenmarmelade, wenn der Bettnässer aus Braunau es braucht! Das Frauenbild in der Zeit der NSDAPopanze hatte jene lustige Mischung von Brechmittel und Sprengstoff in sich, wie sie sich kein zugekiffter Sozialpädagoge hätte ausdenken können … zynaesthesie

Massiv angestiegene Obdachlosigkeit in Dortmund: Kana, Gast-Haus und „bodo“ bitten um Schlafsäcke und Isomatten … nordstadtblogger

Natur zwischen Zeit und Idee: Ausstellung im Museum Kunstpalast Düsseldorf … revierpassagen

Denkmal des Monats: Zur Geschichte des sogenannten Franzosenfriedhofs in Meschede – Die Kriegsgräberstätte und sowjetische Gedenkstätte in der Fulmecke … lwl

Früher war alles besser – wirklich? Oder handelt es sich dabei nur um ein Streich unseres fehlerhaften emotionalen Gedächtnisses? Vielleicht sollten wir uns zuerst drei Zielgruppen anschauen. Die Älteren, die Mittelalten und die Jüngeren … rebrob

Umleitung: Braune Gewaltstrukturen in NRW, nützliche Idiotie, erzwungener Verrat, respektlose Bürger und anständige Unternehmer

Ich habe heute das Auto stehen gelassen und bin zu Fuß nach Hause gegangen. (foto: zoom)

Braune Gewaltstrukturen in NRW: Die Neonazi-Partei „Die Rechte“ ist aus Sicht des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes ideologisch wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus, tritt aggressiv kämpferisch auf und setzt auf Provokation und Einschüchterung … bnr

Nützliche Idiotie ist eine kluge Sache: Zum 70. Geburtstag von Elfriede Jelinek … misik

Funke-Medien sollen weniger lügen: haben damit aber noch nicht angefangen … übermedien

Wahl-O-Matismus oder Parteiprogramm-Topimierung: Die Würfel sind gefallen. Die Wahl ist getroffen. Die Stimmen verteilen sich bei der Bundestagswahl auf mehrere Parteien, sie dekonzentrieren sich. Die Würfel sind gerollt und gefallen … scilogs

Gebrochenes Leben – Durch die Gestapo erzwungener Verrat: Es gab mindestens 2.500 von den Nazis politisch und rassistisch verfolgte Harburger und Wilhelmsburger, darunter mindestens 350 Ermordete. Und 15.000 Zwangsarbeiter in den örtlichen Betrieben, die Zahl ihrer Toten unbekannt. Untrennbar damit verbunden sind Denunziationen durch politische Gegner, verhetzte Nachbarn und Kollegen, oft auch aus eigennützigen Motiven. Aber auch Verrat aus den eigenen Reihen, zumeist unter Folter erzwungen … harbuch

Bochumer Ausstellung „Umbrüche“: Wie Fotokünstler den stetigen Wandel des Ruhrgebiets gesehen haben … revierpassagen

Brothers in Arms: Es geht um dieses Bild aus dem Fundus der Europeana und die „Aufgabe“ ist ein freies Assoziieren zum Bild … schmalenstroer

Fritz Eckenga: „Frisch von der Halde“ … doppelwacholder

Respektlos? Was sollten Einwohnerinnen und Einwohner erwarten können, wenn sie sich in der Einwohnerfragestunde zu Beginn einer Kreistagssitzung zu Wort melden? Wohl kaum die krasse ablehnende Haltung, wie sie am letzten Freitag in der Kreistagssitzung zu beobachten war … sbl

Dieselaffäre und Co. – Briloner Forum: Ist die Wirtschaft besser als ihr Ruf? Beim Briloner Wirtschaftsforum bricht ein Manager eine Lanze für das deutsche Unternehmertum. Die Zahl der „Foulspieler“ sei insgesamt gering … wpBrilon

Zwei Grabsteine erzählen und fragen: Nina Woronina, geb. Echremow und ein Jugoslawe in einer Weide

Nina Worowina, 21 Jahre, verheiratet, „Ostarbeiterlager“, gest. 24.8.1944. Ein Grabstein erzählt. (alle fotos: thelen-khoder)

Der erste Grabstein auf Meschedes Waldfriedhof, der wirklich zu mir sprach, war der von Walentina und Nina Worowina.

In einer Liste der Gräber auf dem „Waldfriedhof Meschede“[1] stand „Wilroiwa, Valentina“, und der Nachname war mit einem Fragezeichen versehen; der Grabstein machte das Fragezeichen überflüssig. Nina wurde am 9. November 1922 in Kursk geboren und starb am 24. August 1944 in Meschede mit 21 Jahren an „doppelseitiger Lungenentzündung“. Laut ihrer Sterbeurkunde[2] (Standesamt Meschede Nr. 151/1944) lebte sie im „Ostarbeiterlager“ in Wennemen und war verheiratet mit Emiljan Worowina. Ab Juli 1942, mit 19 Jahren also, verrichtete sie „Gleisbauarbeiten“, bis zum 5. Mai 1944, als ein Arzt, der auch mein Großvater gewesen sein könnte, ihr eine „schwere Kehlkopfentzündung mit Atemnot“ bescheinigte. Seitdem war sie „arbeitsunfähig“ und wurde zum 26.6.1944 aus der „Allgemeine Ortskrankenkasse“ abgemeldet[3].

Sie starb am 24. August.

Nun habe ich die Sterbeurkunde von Walentina gefunden: „Landkreis Meschede Nr. 194/1944 Die Valentina Woronina, griechisch-katholisch, wohnhaft in Wennemen, Ostarbeiterlager, ist am 11. Oktober 1944 um 19 Uhr 45 Minuten in Meschede verstorben. Die Verstorbene war geboren am 3. August 1944 in Wennemen (Standesamt Calle Nr. 24/1944). Vater: Ostarbeiter Michail Woronina, wohnhaft in Wennemen 1

Mutter: Nina Worowina geborene Echremow, zuletzt wohnhaft in Wennemen – Meschede, den 17. Mai 1946 Der Standesbeamte“4 Handschriftlich auf der Rückseite: „Waldfriedhof Meschede ohne Nummer“.

Nina starb drei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter. Laut ihrer Sterbeurkunde war sie verheiratet Emiljan Worowina, auf der Sterbeurkunde ihrer Tochter war der Vater „Ostarbeiter Michail Woronina, wohnhaft in Wennemen“. Michail ist auch auf weiteren Dokumenten als Vater angegeben, etwa auf diesen Karten des „International Tracing Service“:

Alles lesen (PDF): https://www.schiebener.net/wordpress/wp-content/uploads/2017/10/Zwei-Grabsteine-erz%C3%A4hlen-und-fragen.pdf

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[1] „Nachweis über die im Amte Meschede verstorbenen russischen Staatsangehörigen“, 2.1.2.1 / 70792351, ITS Digital Archive, Bad Arolsen

[2] Sterbeurkunde von Nina Worowina, 2.2.2.2 / 76903208, ITS Digital Archive, Bad Arolsen

[3] Versichertenkarte der Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Kreis Arnsberg Arnsberg (Westf.), 2.2.2.1 / 75754310, ITS Digital Archive, Bad Arolsen

weitere Anmerkungen im PDF

Heike Adami in der Galerie Eifel Kunst: Eine Familiengeschichte des 21. Jahrhunderts im israelisch-palästinensischen Gebiet

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde der Galerie Eifel Kunst,

zur Lesung mit der Augsburgerin Heike Adami lade ich Sie /Euch in die Galerie Eifel Kunst ein. Am Sonntag, dem 22. Oktober 2017 liest die Autorin aus ihrem neuen Buch DIE UN-VOLLENDETE.

Eine Familiengeschichte des 21. Jahrhunderts im israelisch-palästinensischen Gebiet

Heike Adami, Jahrgang 1963, lebt und arbeitet in Augsburg. Über einen Umweg fand sie die Freude am Schreiben, der sie sich seit 2010 mit Liebe widmet. Sie schreibt authentische Romane mit Recherche vor Ort. Ihr persönlicher Bezug zu ihren Büchern, schenken dem Leser das Gefühl, die Geschichte im Moment des Lesens selbst zu erleben.

Wer bei UN-VOLLENDETE, das in Palästina spielt, an Beethovens 9. Sinfonie denkt, liegt hier genau richtig. Und wer an die Vereinten Nationen denkt, ebenfalls. Beide Namen bilden den Hintergrund der Geschichte von drei jungen Männern, die gemeinsam durch Palästina und Israel touren und einem Geheimnis auf der Spur sind. Mit Bashar, dem arabisch-stämmigen Amerikaner, Abdul, dem Sohn des Palästinenser-Präsidenten und Jonah, dem israelischen Elitesoldaten, treffen drei Kulturen aufeinander, die politisch nicht kontroverser sein könnten. Explosiv die Stimmung der ersten Begegnungen, hitzig die Diskussionen über Geschichte und Gegenwart des »gelobten Landes«.

Die beiden Cousins, der halbjüdische Jonah und der muslimische Bashar, treffen sich an der Grünen Linie. Sie erleben den Nah-Ost-Konflikt hautnah.

Ein authentischer Roman. Ein Roman, in dem Realität und Fantasie, Vergangenheit und Gegenwart so verknüpft sind, dass sich Friede zum Leitmotiv der Welt entwickeln kann.

Ein Roman, der mit völkerverständigenden Aspekten gespickt ist. Die Kraft aus dem 4. Satz Beethovens Neunter Symphonie, verbunden mit Fußball in einer dramatischen Familiengeschichte an der „Grünen Linie“, möge den Leser zum Nachdenken anregen und eine neue Vision auf den Weg zum Frieden zeigen.

Die UN-VOLLENDETE basiert auf Heike Adamis Familienkonstellation, mit jüdischen und muslimischen Enkeln. Intensive Recherche vor Ort verleiht dem Buch eine noch würzigere Authentizität.

Die Lesung findet am 22. Oktober 2017, um 15 Uhr in der Galerie Eifel Kunst, Schleidener Straße 1, 53937 Gemünd statt. Der Eintritt ist frei.

Herzliche Grüße

Marita Rauchberger

Galerie Eifel Kunst

Die Suche nach den Ermordeten vom Langenbachtal: „Zwei Stelen wohnen ach in meiner Brust“

Treisekapelle und Bahnhof in Warstein (fotos: thelen-khoder)

Einer meiner ersten Anlaufstellen, als ich mein Erbe antrat und mich also auf die Suche nach den Ermordeten vom Langenbachtal machte, war das LWL-Psychiatriemuseum in Warstein.

Der damalige Bürgermeister, Martin Gödde, hatte sich viel Zeit genommen und mich dann zur LWL-Klinik geschickt; dort solle ich mir eine sowjetische Stele auf dem Friedhof, die Treisekapelle und das Psychiatriemuseum ansehen und könne auch mit Herrn Monzlinger sprechen. Ewig werde ich Herrn Gödde für seine Hilfe beim Finden des Gedenksteines und diese Hinweise dankbar sein!

Denn auch Herr Monzlinger nahm sich sehr viel Zeit für mich und meine Fragen nach meinem Großvater, und schon nach kurzer Zeit hielt ich einen Brief in den Händen, den der damalige Leiter der Provinzial- und Heilanstalt, Franz Hegemann, geschrieben hatte und in dem auch mein Opa Erwähnung fand; aber davon später.

Zunächst besuchte ich die Treisekapelle, wo jedes Jahr am Volkstrauertag der 1575 Menschen gedacht wird (wie man mir sagte), die von hier aus in fünfzehn Transporten u.a. nach Hadamar deportiert wurden. Die damalige „Provinzial- und Heilanstalt“ mit ihrem „Anstaltsfriedhof“ lag direkt am Bahnhof, was für die Mörder sehr praktisch gewesen sein muß.

Alles lesen (PDF):

Zwei Stelen wohnen ach in meiner Brust

Redaktionsnotiz: Dateien zum Franzosenfriedhof in Meschede ab sofort auf einer eigenen Seite

Unsere Autorin Nadja Thelen-Khoder forscht zu Zwangsarbeitern, Lagern und Nachkriegsgeschichte in und um Meschede. 

Insbesondere mit Hilfe des ITS in Bad Arolsen hat sie viele „unbekannte“ Gräber auf dem sogenannten „Franzosenfriedhof“ entziffert und Personen – zu Grunde gerichtete und ermordete Zwangsarbeiter- zugeordnet.

Ihre Beiträge im Blog finden sich hier: https://www.schiebener.net/wordpress/author/nadja-thelen-khoder/

Nadja Thelen-Khoder dokumentiert ihre Arbeit fortlaufend und ergänzt neue Befunde.

Ich will ab heute beginnen, die vielen Dokumente, zentral unter dem Menüpunkt „Franzosenfriedhof“ zu sammeln.

Für unser Blog ist es eine neue Aufgabe und ich muss sehen, wie sich die Sammlung entwickelt.

Als erstes habe ich heute die in zwölf Teile aufgesplittete Sammlung „Gräber“ online gestellt.

Guckt mal rein: https://www.schiebener.net/wordpress/franzosenfriedhof/ und forscht mit!

Die Entschlüsselung der Grabsteine ist „Work in Progress“ und Nadja Thelen-Khoder hat einen Traum:

https://www.schiebener.net/wordpress/ein-grabstein-erzaehlt-teil-3-und-schluss-ich-habe-einen-traum/

„Ein Grabstein erzählt“ – Teil 3 und Schluss: Ich habe einen Traum

Ich habe einen Traum: Ein Schulklasse fährt ins ITS nach Bad Arolsen, jeder schnappt sich einen Namen und versucht, möglichst viel über ihn herauszufinden. Bei manchen Namen kann man mehrere Schüler ansetzen; „Iwan Kuzmin“ etwa ist so häufig, daß man eine ganze Schulklasse auf ihn allein ansetzen könnte, um den „Mescheder“ herauszufischen.

(Siehe auch Teil 1 und Teil 2 dieser dreiteiligen Artikelserie.)

Wenn man von Arnsberg, Meschede, Eversberg, Warstein oder Suttrop nach Bad Arolsen fährt, kommt man quasi an der Wewelsburg bzw. dem Vernichtungslager Niederhagen vorbei. Davon gibt es nur noch wenige erhaltene Bauten in einem jämmerlichen Zustand, aber ein großes Denkmal auf dem ehemaligen „Appellpatz“. Als ich Photos machte, kam der Ortsvorsteher vorbei und war so freundlich, mich auf die jährlichen Gedenkfeiern am 2. April aufmerksam zu machen, die an den Tag der Befreiung erinnern.

Das Museum in der Wewelsburg bietet alles, was Herz und Verstand begehren. Neben vielen Ausstellungsstücken kann man viel Material erwerben, darunter Bücher (z.B. Andreas Pflocks „Gerrit Visser (1894-1942). Von Hengelo nach Wewelsburg. Lebensstationen und Briefe des niederländischen Gewerkschafters aus nationalsozialistischer Gefangenschaft“[1]) und CD-ROMs mit Begleitheften (z.B. Wulff E. Brebeck / Karl Hüser / Kirsten John-Stucke: „Die Wewelsburg 1933-1945. SS-Größenwahn und KZ-Terror“[2]). Der Begleitband zur ständigen Ausstellung „Endzeitkämpfer. Ideologie und Terror der SS“[3] enthält auf 464 großformatigen Seiten die Exponate und ihre Erklärungen und ist eine wahre Fundgrube.

Als ich die DVD „Kriegsgefangen. Bilder aus dem Lager Hemer“ (hrsg. vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL-Medienzentrum für Westfalen) sah, dachte ich wieder an meinen Großvater und seinen polnischen Patienten Benjamin Wiesliczko, der schon maximal zwei Monte nach seiner Verschleppung am 23. November 1939 mit 23 Jahren im Krankenhaus Maria Hilf in Warstein an „Flecktyphus“ starb; das Sterbebuch der Stadt von 1939 (Nr. 59) vermerkt „wohnhaft im Gefangenenlager Sichtigvor“ und als Todesursache „Sepsis“, und die Amtsverwaltung Hemer teilt am 27. Januar 1950 mit: „Wieliczko ist auf dem Waldfriedhof der Stadt Hemer im Grab Nr. 30 beigesetzt“.

Lager Sichtigvor, Lager Belecke, Lager Rüthen, Lager Herrenberg, Lager Stillenberg, Lager Siepmann-Werke, Lager Honsel-Werke, Lager Waldstraße … – zig Lager sind mir begegnet, in Geburts- und Sterbeurkunden und den zahlreichen Namenslisten der „Arbeitgeber“, Krankenkassen und und und.

Natascha Wodin schreibt in „Sie kam aus Mariupol: „Je länger ich recherchierte, auf desto mehr Ungeheuerlichkeiten stieß ich, von denen bisher kaum jemand gehört zu haben schien. Nicht nur ich selbst war in vielem immer noch ahnungslos, auch von meinen deutschen Freunden, die ich für aufgeklärte, geschichtsbewusste Menschen halte, wusste niemand, wie viele Nazi-Lager es früher auf deutschem Reichsgebiet gegeben hatte. Die einen gingen von zwanzig aus, andere von zweihundert, einige wenige schätzten zweitausend. Nach einer Studie des Holocaust Memorial Museums in Washington belief sich die Zahl aber auf 42000, die kleinen und die Nebenlager nicht mitgerechnet. 30000 davon waren Zwangsarbeiterlager. In einem Interview mit der ,ZEIT’, das am 4. März 2013 erschien, sagte der amerikanische Historiker Geoffrey Megargee, der an der Studie mitgearbeitet hatte: Die horrende Zahl der Lager betätige, dass nahezu allen Deutschen die Existenz dieser Lager bekannt gewesen sei, selbst wenn sie das Ausmaß des Systems dahinter nicht begriffen oder nicht in jedem Fall über die Umstände in den Lagern Bescheid gewusst hätten. Obwohl das mit 42 000 und mehr Lagern überzogene Land ein einziger Gulag gewesen sein muß.“[4]

„Vernichtung durch Arbeit“ heißt eine Überschrift der großartigen Ausstellung im Museum Wewelsburg, und einige Photos geben einen Eindruck davon, was die Arbeit in Steinbrüchen mit Menschen machte.

KZ-Häftlinge arbeiten im Steinbruch unterhalb der Wewelsburg 1939-1943 [5]
„KZ-Häftlinge arbeiten im Steinbruch unterhalb des Wewelsburg 1939-1943
Die Arbeiten in den Steinbrüchen unterhalb der Wewelsburg, am Bahnhof, im SS-Lager und im Nachbarort Ahden gehörten für die KZ-Häftlinge zu den mühevollsten Arbeitskommandos. Die Häftlinge mussten ungeschützt bei jeder Witterung, zum Teil ohne festes Schuhwerk und Handschuhe, die Steine brechen und zu den Baustellen transportieren. Sprengwerkzeuge waren Mangelware. Im Steinbruch unterhalb der Burg wurde Kipploren eingesetzt. Die Häftlinge mussten die mit Steinen gefüllten Loren über Gleise den Berg bis zur Wewelsburg hinaufschieben. Dies führte zu zahlreichen schweren Unfällen.
Ebenso wie im Kommando Straßenbau litten die Häftlinge in den Steinbruch-Kommandos unter extremer körperlicher Anstrengung und Auszehrung. Nicht selten wurden Tote und Schwerverletzte ins Lager zurückgebracht. (Kreismuseum Wewelsburg, Fotoarchiv)“[6]

Und ich denke wieder an die 19jährige Nina und ihre „Gleisbauarbeiten“ …

„„Ein Grabstein erzählt“ – Teil 3 und Schluss: Ich habe einen Traum“ weiterlesen