Anders B., der moderne Timothy McVeigh?

Norwegisches Idyll
Norwegisches Idyll (archiv: chris)

In seinem hier verlinkten Artikel weist Werner Jurga auf die Parallelen zwischen Oslo 2011 und Oklahoma City 1993 hin. In beiden Fällen morden männliche Staatsbürger mit rechtsextremer Gesinnung aus Hass.

Der Osloer Tatverdächtige Anders B., so berichtet die ARD, habe „nationalistische Gesinnung sowie eine ‚antiislamische‘ Haltung offenbart. Der Verdächtige habe Postings auf einer Webseite für christliche Fundamentalisten veröffentlicht”.

Timothy McVeigh, der das Regierungsgebäude in Oklahoma City zerstörte und dabei 168 Menschen tötete, wurde später dafür hingerichtet.  Er sympathisierte ebenfalls mit rechtsextremen und antisemitischen Positionen (Der 9. September stand noch bevor, eine antiislamische Haltung spielte eine noch geringe Rolle).

Dazu kamen bei McVeigh die eher US-typischen Ingredienzien wie Begeisterung für Waffen und  Kriegserfahrung. Laut BBC hat ihn sein Einsatz im Irakkrieg 1992 gelehrt, seine Gefühle auszuschalten. Als wichtiger Katalysator für seinen Hass erwies sich sein zunehmender Hass gegen die US-Regierung.

Ihn prägte die Belagerung und anschließende Zerstörung des Geländes der Protestantischen Sekte Branch Davidians in Waco durch das FBI.  Bei dem Sturm auf das Gelände starben 76 Menschen. McVeigh war voller Hass und wollte Rache.

Anders B., der mutmaßliche Attentäter von Oslo, ist die moderne, europäische Variante von Timothy McVeigh. Er fühlt sich  von Einwanderern und dem Islam bedroht. Die WELT am Sonntag hat seine Interneteinträge ausgewertet: Anders B. will einen christlichen, national geprägten Staat. “ Der entscheidende Kampf sei nicht mehr Kapitalismus gegen Kommunismus, sondern Internationalismus gegen Nationalismus,“ so die Einschätzung des mutmaßlichen Mörders.

Wie tödlich die Verquickung von übersteigertem Nationalismus, Intoleranz und fundamentalistischer religiöser Orientierung sein kann, haben beide Attentate gezeigt.

Schulkonsens in NRW – Ein Sieg der CDU?

grundschulechristian
Gemeinsames Lernen in einer deutschen Grundschule in den 60er Jahren. (archiv: chris)

Fast alle Parteien sind zufrieden: Die grüne Ministerin Löhrmann mit ihrem Koalitionspartner.  Landeschefin Kraft (SPD) freut sich über einen Schulfrieden für die nächsten 12 Jahre.

Die CDU stimmt ein, Philologenverband, GEW, VBE und DGB signalisieren Zustimmung. Die Rede ist von „Frieden“, „Konsens“ und „Kompromiss“. Das klingt nach Harmonie. Lediglich die kleine FDP stänkert ein wenig und sieht das Gymnasium gefährdet.

Im Kern stimmt die große Bildungskoalition für das Zwei-Säulenmodel: Hier die Sekundarschule, explizit ohne Sekundarstufe II, dort das Gymnasium mit Oberstufe und Abitur nach acht Jahren. Damit keiner unzufrieden ist (Konsens!), kann es weiterhin Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen in NRW geben.

Die Klassengröße in der Sekundarschule darf höchstens 25 Schüler betragen, in den Klassen 5 und 6 wird länger gemeinsam gelernt, es werden auch gymnasiale Standards gelehrt, unterrichtet wird auf Grundlage der Lehrpläne für Real- und Gesamtschulen. (Ist dies nicht ein Widerspruch?)

Die CDU nimmt Abschied von der eh gescheiterten Verbund-Schule, ebenso wie sie Abschied von der abgewählten Hauptschule nehmen muss. In der Bildungspolitik wird diese Partei von der tatsächlichen Entwicklung getrieben. Und nun ist es ihr gelungen, den Status Quo für die kommenden 12 Jahre festzuschreiben. Es war der CDU wichtig, dass die Sekundarschule ohne eine eigenständige Oberstufe daherkommt. Nur so kann die Oppositionspartei die Entwicklung dieser Schulform zu einer attraktiven Alternative zum herkömmlichen Gymnasium verhindern.

Vermutlich ist in diesem Land tatsächlich nicht mehr drin. Wer das Ziel eines integrativen Schulsystems noch nicht aufgegeben hat, wer sich optimal ausgestattete Schulen wünscht, in denen alle Kinder gemeinsam entsprechend ihrer Fähigkeiten lernen und gefördert werden und alle – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft – die gleichen Chancen haben, der kann über diesen Schulfrieden nur den Kopf schütteln.

Gerade in einer Zeit, in der durch den demographischen Wandel große Veränderungen im Bildungssystem anstehen, wird das gegliederte Schulsystem in Nordrhein-Westfalen einzementiert.

Unangekündigte Amok-Alarm Übung am Gymnasium in Winterberg

Geschwister-Scholl Gymnasium Winterberg 2010 (archiv: zoom)
Geschwister-Scholl Gymnasium Winterberg 2010 (archiv: zoom)

Am heutigen Freitag drangen aus der Lautsprecheranlage des Geschwister-Scholl Gymnasiums die Worte „Amok – Amok“.  Sie wurden ca. 5 Minuten lang wiederholt.

Lehrer und Schüler verbarrikadierten sich in den Klassenräumen. Es waren nach Aussagen mehrerer Beteiligter sehr bange Minuten, denn der Probealarm war weder Schülern noch Lehrern angekündigt worden. Daher gingen fast alle Beteiligten zunächst von einer „Amok-Lage“ aus, wie es im Polizei-Jargon heißt.

Schüler weinten, viele hatten Angst.  Zahlreiche Kinder berichteten, sie hätten tatsächlich geglaubt, es wären Amokläufer in ihrer Schule – was ja wohl auch Ziel der Übung war.

Was haben sich die Verantwortlichen dabei gedacht? Dass man auf den Ernstfall am besten dadurch vorbereitet, indem die dazugehörigen Gefühle geprobt werden? Bedauerlich, dass so mit den Ängsten von Kindern gespielt wird, die über ihre Lage ebenso im Unklaren gelassen wurden, wie die sie betreuenden Lehrer.  Pädagogen sollten anders handeln.

An anderen Schulen haben Amok Alarmübungen zu Problemen und Protesten geführt:

Eltern verhindern Probe eines Amokalarms.

Horror-Übung an Plettenberger Schule.

Umleitung: Von Löhrmanns Schlappe über Peter Falk zum vibrierenden WAZ Haus.

umleitungSchulpolitik: Löhrmanns erste schwere Schlappe … postvonhorn

Nachruf auf Peter Falk: „Wenn ich den Täter habe, werden Sie der erste sein, der es erfährt. Das verspreche ich Ihnen.“ … ruhrbarone

Bottrop: durchschnittlich 45 Wochen Wartezeit für Termin mit Psychotherapeuthen … bottblog

Dieter Gorny: der schlechteste Pate beim Grimme Online Award 2011 … pottblog

Gsellas Schmähgedichte: Jede Stadt ist fürchterlich … revierpassagen

WAZ: Unsere Häuser vibrieren. Bodo Hombach über das Strategieprogramm 2015 … derwesten

Hagen: Eine erneute Diskussion über einen Verkauf der HaGeWe ist absolut überflüssig … doppelwacholder

Warnstreik der Journalisten und Drucker wird auf Donnerstag und Freitag ausgeweitet.

Liste der Streikbüros (grafik: djv)
Liste der Streikbüros (grafik: djv)

Düsseldorf/Frankfurt. (djv) Zur großen Protestkundgebung morgen in Frankfurt (siehe auch hier im Blog) rufen DJV-NRW und ver.di zum Warnstreik auf.

Zusätzlich erhalten die meisten Verlage in NRW auch für den Freitag einen Streikaufruf. Damit soll weiterer Druck aufgebaut werden, der die Verleger  zum Umdenken bringen soll.

Folgende Betriebe werden für Donnerstag und Freitag aufgerufen:
Bild NRW, Express, Die Glocke, Bonner Generalanzeiger, Bonner Rundschau, Haller Kreisblatt, Hellweger Anzeiger, Iserlohner Kreisanzeiger, Kölner Stadtanzeiger, Kölnische Rundschau, Lippische Landeszeitung, Mindener Tageblatt, Neue Westfälische, Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung, Recklinghäuser Zeitung, Rheinische Post, Ruhr Nachrichten, Vlothoer Anzeiger, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Westfälische Rundschau, Westfalen-Blatt, Westfalenpost, Westdeutsche Zeitung, Marler Zeitung, Dattelner Morgenpost, Hertener Allgemeine, Stimberg Zeitung, Waltroper Zeitung.

Folgende Zeitungen werden nur am Donnerstag zum Streik aufgerufen:
Aachener Nachrichten, Aachener Zeitung, Handelsblatt.

Achtung!
Am Donnerstag wird es für DJV-Mitglieder keine Streiklokale in NRW geben. Die Streiklisten für den Donnerstag liegen in den Bussen (Abfahrtszeiten und –orte siehe Anhang) aus. Dort können sich Mitstreikende auch gleich für den Freitag eintragen.
(Sollte auf der Hinfahrt keine Liste ausliegen, kann diese bei Christian Weihe in Frankfurt angefordert werden.)

Wer am Donnerstag aus irgendeinem Grund leider nicht mit nach Frankfurt fahren kann, geht am Freitag in eines der oben veröffentlichten Streiklokale (und trägt sich dort für beide Tage ein).

Für Ostwestfalen können Streiklisten per E-Mail bei Norma Langohr angefordert werden: n.langohr@djv-owl.de.

Die Gewerkschaft appelliert: Fahrt bitte möglichst mit nach Frankfurt. Die Kundgebung dort muss deutlich erkennbar der Schwerpunkt unserer Aktionen sein. Da kommt es auch auf die Menge an. Es ist also ganz wichtig, dass morgen ganz viele Kollegen mit nach Frankfurt kommen – auch wenn die Anreise lang ist.

Zur Anreise noch ein paar praktische Hinweise:

    Die Busse werden am Mainufer unterhalb des Römerberges am „Mainkai“ parken. Dieser Bereich ist für uns von 10 bis 16 Uhr gesperrt.

    Es wird insgesamt ca. 40 Busse geben. Deshalb ist es sinnvoll, sich das Kennzeichen des Busses und ggf. die Handynummer des Busfahrers zu notieren.

    Drei bis vier Helfer sind vor Ort und werden den Fahrgästen den Weg zum Römerberg weisen. Zudem sind sie Ansprechpartner für die dortige Polizei.

Streikgeld-Antrag (Quelle djv)

Hier finden Sie die Streikgeldanträge. Bitte beachten Sie den Hinweis auf die Unterlagen, die mitgeschickt werden müssen. Die Anträge gelten nur für Mitglieder des DJV-NRW.

Für Festangestellte:

Antrag Streikunterstützung Feste mit Logo DJV (pdf)

Antrag Streikunterstützung Feste mit Logo DJV (doc)

Für Freie:

Antrag Streikunterstützung Freie mit Logo DJV (doc)

Antrag Streikunterstützung Freie mit Logo DJV (doc)

Studiengebühren im Königreich – Self-inflicted pain?

Kings College Chapel in Cambridge (foto: chris klein)
Kings College Chapel Cambridge (foto: chris)

Im vergangenen Jahr beschloss die konservative britische Regierung die Anhebung von Studiengebühren auf maximal £9000. Dies könnte sie jetzt selber viel Geld kosten.

Studenten protestierten, die Regierung wurde für ihre unsoziale Politik kritisierte. Sie rechtfertigte sich damit, dass sie einen stärkeren Wettbewerb der Universitäten untereinander herbeiführen wollte, denn jede Universität kann ihre Gebühren selber festlegen.

Die Regierung von David Cameron hatte bei der Erhöhung der Studiengebühren gehofft, dass lediglich die prestigeträchtigen Universitäten wie Oxford und Cambridge ihre Studiengebühren auf £9000 anheben würden – doch weit gefehlt. Es werden immer mehr Universitäten, die die vollen Gebühren von ihren Studenten kassieren wollen.

Wie  der Guardian heute berichtet, muss die britische Regierung nun feststellen, dass die hohen Studiengebühren sie selber teuer zu stehen kommen werden.  Sie hat sich verrechnet. Mehrkosten für das Studium haben zur Folge, dass der Staat mehr Geld für Student Loans ausgeben muss. Das sind zinslose staatliche Kredite für Studierende. Alternativ könne allenfalls der Bildungsetat insgesamt gekürzt werden.

Studiengebühren waren im Vereinigten Königreich erst im September 1998 in Höhe von £1,000 im Jahr eingeführt worden. Im vergangenen Jahr lagen sie bei £3,290 und nun bei £9.000. Das hat mit deutscher Bildungsfinanzierung natürlich gar nichts zu tun.

Infos um Bildungspaket

In unserem BriefkastenMeschede/Unna. Ein Vierteljahr hat es gedauert, bis sich Bund und Länder, Bundesregierung und Opposition, in Berlin geeinigt hatten. Deswegen trat das Gesetz zum sog. Bildungs- und Teilhabepaket erst Anfang April in Kraft. Es gewährt aber Leistungen rückwirkend ab Januar 2011.

Wie in vielen anderen Landkreisen in Deutschland auch, hat bisher im HSK erst ein kleiner Teil der Berechtigten Leistungen aus dem Bildungspaket beantragt. Dies sind vor allem Empfänger von Leistungen nach SGB II (“Hartz IV”), von Wohngeld und von Kinderzuschlag. Die Antragsfrist wurde gerade erst bis zum 30. Juni verlängert, so dass man sich in Ruhe informieren kann. Umfassende Infos zum Bildungspaket bieten die Internetseiten des Kreises Unna:

http://www.kreis-unna.de/kreis-unna-unterwegs-zwischen-ruhr-und-lippe/info-amp-service/aktuelles/bildungs-und-teilhabepaket.html

Auch, wenn ich des Themas fast überdrüssig bin: die „koof mich“ – Recherche der taz ist nur die halbe Wahrheit.

WP/WR in Meschede. (foto: zoom)
WP/WR in Meschede. (foto: zoom)

Die journalistische Unabhängigkeit ist für Konzerne wie die WAZ et alii kein eigenständiger Wert.

Die Behauptung dieser Eigenschaft der Produkte soll lediglich als Alleinstellungsmerkmal gegenüber reinen Reklamezeitungen dienen, ansonsten wird mit allen Mitteln auf dem Markt der Presseprodukte um den Profit gerungen. Profiteure sind Eigentümer, Verleger sowie Verlagsfunktionäre und Betriebskader.

Anfang April veröffentlichte die taz eine Recherche, die unter der Überschrift „Schleichwerbung bei Zeitungen Einfluss zu verkaufen“ die Käuflichkeit von Printmedien enthüllen sollte:

“ … Ein Mitarbeiter der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) bot eine anzeigenfreie Beilage zum Thema Banken an, in der die Branche über ihren Umgang mit der Finanzkrise informieren könne. „Ein vierseitiges Banken Spezial ohne Anzeigen in der Gesamtausgabe kann ich Ihnen zum Gesamtpreis von 117.500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer anbieten“, hieß es in einem schriftlichen Angebot …“

Wenige Tage später erschien in der Süddeutschen Zeitung eine kurze Notiz mit der Überschrift: WAZ dankt ‚taz‘:

WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach lobte die taz sogar: ‚Investigativer Journalismus ist auch dann hilfreich, wenn er einem selbst unangenehm ist.‘

„Heuchlerisch!“, rief ich auf facebook.

Im Gewerkschaftsblog „medienmoral“ wurde das Anschreiben, welches der Autor der Süddeutschen verwertete hatte komplett kolportiert:

„Manfred Braun, WAZ-Verlagsgeschäftsführer NRW:
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
Ein verdeckt recherchierender Redakteur der taz hat im Sommer 2009 die Anzeigenabteilung unseres Hauses besucht und mehrere Angebote für Sonderveröffentlichungen eingeholt. Die taz berichtet in ihrer Ausgabe vom Samstag, 2. April, ausführlich über die Ergebnisse der Recherche, die insgesamt zehn deutsche Verlagshäuser betrifft.
Die Verlagsgeschäftsführung NRW hat den uns betreffenden Vorgang gründlich aufgearbeitet. Es ist nach unseren Erkenntnissen nicht auszuschließen, dass der Bericht der taz in Bezug auf unser Haus zutreffend ist.
Die Kennzeichnung von bezahlten PR-Texten in unseren Sonderveröffentlichungen und Beilagen entspricht zum Teil nicht den Regeln, die der Verband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) aufgestellt hat, und ist juristisch nicht korrekt. Konsequenz: Wir werden zukünftig noch strenger auf die Einhaltung der ZAW-Richtlinien achten und die von unseren Kunden bezahlten PR-Texte klar und deutlich mit dem Wort „Anzeige“ kennzeichnen.
Darüber hinaus gilt der Verhaltenskodex, der bei der WAZ Mediengruppe die Trennung von redaktionellem Inhalt und Anzeigen unmissverständlich regelt. Verstöße werden, bis hin zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sanktioniert.“

Nachdem ich diese Anschreiben gelesen hatte, habe ich mich vor Lachen gekringelt. Liest man doch wörtlich:

„Wir werden zukünftig noch strenger auf die Einhaltung der ZAW-Richtlinien achten und die von unseren Kunden bezahlten PR-Texte klar und deutlich mit dem Wort „Anzeige“ kennzeichnen.“

Dies bedeutet, dass weiterhin die anderen PR-Texte ungehemmt in die Seiten der Produkte des WAZ-Konzerns einfließen können, ohne mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet zu werden.

Ich behaupte: Die gekauften Artikel sind nicht die größte Manipulation der Leser. Die größte Manipulation ist die PR, die völlig unentgeltlich die E-Mail-Boxen der Reakteure verstopft und mit einem Maus-Klick in den Satzspiegel der Zeitung einfließen kann und einfließt.

Diese PR- Manipulation der Leser geschieht sowohl einstufig, als auch zweistufig.

Was meine ich damit.

Unter einstufiger PR-Manipulation verstehe ich den direkten Weg vom Erzeuger zum Verbraucher. Der Pressesprecher des Bürgermeisters/der Partei XY/ des Verbandes AB/ des Vereins YZ  schickt einen Text an die Redaktion, der dann mit minimalen oder keinen Änderungen direkt verwertet wird. Der Leser oder die Leserin können nur indirekt schließen, dass es sich um PR handelt, weil kein Autor oder Autorenkürzel angegeben wird.

Die zweistufige PR-Manipulation spielt über die Bande. Der Weg läuft folgendermaßen: Ein PR-Büro, bei uns im HSK meist eine einzige Person, formuliert Texte für verschiedene Auftraggeber. Der Auftraggeber verfügt über Geld, sonst könnte er sich einen Schreiber/eine Schreiberin gar nicht leisten. Diese Texte werden dann vom Auftraggeber an die Redaktionen geleitet.

Es handelt sich bei uns oft um Themen, die einer journalistischen Recherche bedürften: Bauvorhaben, Umgestaltung der Landschaft …

Allein, der Redakteur/ die Redakteurin hat keine Ressourcen diese aufwändigen Recherchen zu betreiben. Also landet die PR im der Zeitung.

Ein Klick, kostet nichts und wird nicht mit „Anzeige“ gekennzeichnet.

Diese PR-Texte und nicht die grobklotzigen, leicht zu erkennenden Anzeigentexte, sind das eigentliche Gift, welches die Glaubwürdigkeit des Lokaljournalismus schon lange zerstört hat.

Torfabrik Meschede kooperiert mit Rot Weiss Ahlen. Zusammenarbeit zwischen Behindertensport und Leistungssport beschlossen.

Die Mannschaft der Torfabrik (foto: torfabrik)
Die Mannschaft der Torfabrik (foto: torfabrik)

Meschede/Ahlen.  (torfabrik) Die Torfabrik Meschede und der Profiverein Rot Weiss Ahlen – ein ungleiches Paar? Mitnichten. Beide Mannschaften spielen mit großer Leidenschaft, kämpfen bis zum Umfallen und zeichnen sich durch ihren Teamgeist aus. Das ist das Pfund, was beide in die Waagschale werfen, um trotz leerer Kassen erfolgreich Fußball zu spielen.

Nun ist der Torfabrik ein wahrhaft großer Coup gelungen: eine Zusammenarbeit von Behindertensport und Leistungssport, die es so in Deutschland sicherlich nicht oft gibt.

Auf Einladung von Rot Weiss besuchte die Fußballmannschaft der Lebenshilfe Hochsauerlandkreis bereits im vergangenen Jahr das Ahlener Wersestadion und knüpfte erste zarte Bande zum derzeit einzigen Drittligisten in NRW. Zum Heimspiel gegen den 1.FC Heidenheim wurde nun Torfabrik-Trainer Sebastian Nöckel von der RWA-Medienbeauftragten Maren Gosda eingeladen, um die gemeinsam vorhandenen Ideen zu besprechen. Die Palette an Möglichkeiten, wie eine Kooperation zwischen Behindertensport und Leistungssport aussehen könnte, reichen von weiteren Stadionbesuchen, über Fördertraining mit Profifußballern und gemischten Trainingsspielen bis hin zu Materialspenden und der Ausrichtung eines Spieltags des Behindertensportverbandes auf dem Vereinsgelände von Rot Weiss Ahlen.

Auch Trainer Arie van Lent, ehemaliger Bundesligastürmer bei Werder Bremen und Borussia Mönchengaldbach, war angetan. „Ja, dann lass uns doch mal was machen, so etwas ist immer eine gute Sache“, zeigte er sich begeistert vom Einsatz der Torfabrik Meschede.

Die Torfabrik befindet sich im sozialen Netzwerk von RW Ahlen in allerbester Gesellschaft. Zu den Partnern des Vereins gehören u.a. mehrere Schulen und Jugendzentren. Auch ein zusammen mit der Stadt Ahlen durchgeführtes U15-Fanprojekt existiert, das durch das Ahlener Jugendamt sozialpädagogisch begleitet wird. Das Integrationskonzept der Stadt Ahlen „Zusammen ist besser“, hat ebenfalls einen großen Platz im Verein, denn besonders in der Jugendabteilung haben viele Nationalitäten ihre fußballerische Heimat. Über 230 Kinder und Jugendlichen in 14 Mannschaften spielen im Verein. Beim “Fest der Kulturen”, im letzten Jahr auf dem Gelände des Wersestadions ausgetragen,  wendet man sich gegen Fremdenfeindlichkeit, setzt auf Integration und beweist so auf vielfältige Weise gesellschaftliches Engagement. Nun zählt auch die Förderung des Behindertensports zum sozialen Betätigungsfeld des kleinen, kämpferischen Proficlubs aus dem Münsterland.

Viele weitere Informationen über die Torfabrik Meschede gibt’s im Internet unter www.torfabrik-meschede.de.

Mescheder Kreistag: „Empört Euch“ – Ein Bericht.

Meschede im Hochsauerland (foto: archiv)
Meschede im Hochsauerland (foto: archiv)

Meschede. „Empört Euch“ ist der Titel des Bestsellers des 93-jährigen französischen Autoren Stephane Hessel.

Diese Aufforderung hat sich wohl der Fraktionsvorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion zu Herzen genommen. Quasi als Schlussakkord seiner Haushaltsrede am 24.02.2011 fand er Worte der Empörung gegen diejenigen, die Kreistag und Verwaltung mit einer Antragsflut überhäufen, einer Antragsflut, die lediglich dazu geeignet sei, ein Misstrauensverhältnis zum Hochsauerlandkreis aufzubauen.

Jetzt kann man trefflich spekulieren, wen der CDU-Fraktionsvorsitzende meinte. Etwa die FDP-Fraktion, die zur heutigen Haushaltssitzung 21 Änderungs-, sprich Sparanträge zum Kreishaushalt eingebracht hat, die Grünen, die z.B. beantragen, 10 Prozent der vom HSK gehaltenen RWE-Aktien zu veräußern, um den Erlös in erneuerbare Energien zu investieren, oder Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL), der 13 Änderungsanträge zum Kreishaushalt stellte (wie z.B. Anträge, auf den Bau zweier neuer Straßentrassen bei Brilon-Altenbüren und bei Meschede-Wennemen zu verzichten)?

Hier etwas zusammengedampft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein kleiner Überblick über die Haushaltsreden im Kreistag in Meschede.

Die Linke: Einsatz für soziale Belange

Den Auftakt zum alljährlichen Procedere der Haushaltsreden lieferte diesmal nicht die wie gewohnt die größte Fraktion (CDU). Beate Raberg, die bisherige Vorsitzende der Fraktion Die Linke, eröffnete den Rede-Reigen. Frau Raberg erläuterte den aus ihrer Sicht leidigen Umstand der Spaltung der bisherigen Zwei-Personen-Fraktion. Herr Barthel hat die Fraktion vor ein paar Tagen verlassen.

Warum? Barthel war zwar anwesend, jetzt platziert hinter der SPD, äußerte sich aber mit keinem Wort über die Gründe für seine „Fahnenflucht“. Frau Raberg vertritt von nun an allein Die Linke im HSK. Die Folge: Der Fraktions-Status ist futsch.

Die ehemalige Fraktionssprecherin entschuldigte sich bei den Wählern ihrer Partei dafür, dass sie leider nicht in der Lage gewesen sei, die sich schon seit längerem anbahnende Spaltung der Fraktion zu verhindern. Beate Raberg bat sich im Verlauf ihrer Rede beim Landrat aus, weiterhin Mitglied im arbeitsmarktpolitischen Beirat sein zu können. Soziale Belange sind und bleiben nun mal ihr Thema. So äußerte sie, sie mache sich Sorgen, um den Zuwachs bei den Tafeln und über den Umgang der Verwaltung mit Arbeitssuchenden und Bedürftigen. Raberg forderte regelmäßige Supervision für besonders stark belastete MitarbeiterInnen der Kreisverwaltung.

Die CDU: Wir leben über unsere Verhältnisse

Viel Lob für den HSK hatte der nächste Redner parat. Der bereits erwähnte Herr Schulte von der „Absoluten-Mehrheits-Fraktion“ CDU eröffnete seinen Vortrag mit der Feststellung, der Hochsauerlandkreis sei dynamisch, veränderungsbereit und initiativ. (Anmerkung der VerfasserIn: So dynamisch und veränderungsbereit, dass es bisher noch nicht gelungen, ja nicht gewollt ist, auch nur eine einzige Gemeinschafts- oder Gesamtschule im HSK zu initiieren. Das nur so als Beispiel.)

Herr Schulte sprach dann die Sozialhilfekosten als „existenzielles Problem der Kommunen“ an. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften sollte reduziert werden. Der eingeschlagene Weg müsste konsequent weiter gegangen werden. Bei den Sozialleistungen hätten sich keine Verbesserungen durch das Anziehen der Konjunktur ergeben. Kosten für Grundsicherung und Pflegebedürftigkeit stiegen ständig. Der Kreishaushalt könne die Kosten nicht verkraften. Bund und Länder sollten zu einem Finanzausgleich kommen. „Wir leben über unsere Verhältnisse auf Kosten der kommenden Generationen!“ So das Credo des CDU-Fraktionsvorsitzenden.

Allerdings forderte Herr Schulte, da wo freiwillige Träger sind, sollten diese nicht durch Einsparungen getroffen werden. Diese Kritik ging an die FDP, die eine Liste zur Streichung der freiwilligen Leistungen vorgelegt hatte. „Soziale Kälte tragen wir nicht mit“, rief Herr Schulte in Richtung FDP. Der Kreishaushalt sei formal ausgeglichen und würde so von seiner Fraktion verabschiedet.

Kritisch wurde dann die neue Landesregierung beäugt. Der Fraktionsvorsitzende sagte, er erwarte nichts Gutes aus Düsseldorf und spielte damit auch auf die Schlüsselzuweisungen an. Seiner Meinung nach sind die ländlichen Kommunen benachteiligt. Die CDU fordere den Flächenansatz für die Verteilung der Landesmittel an die Gemeinden. (Anmerkung des/der VerfasserIn: Genau den fordert die Sauerländer Bürgerliste schon seit 5 Jahren, fand aber dafür im Kreistag keine Mehrheit)

Dann holte Herr Schulte zu einem Rundumschlag gegen alle Kritiker der Regionale 2013 aus. Bei manchen Diskussionen fühle er sich im falschen Film. Projekte würden von einigen torpediert. Man sei dagegen, um kurzfristig populär zu sein. Der CDU-Vorsitzende sprach von der „Strahlkraft der Regionale-Projekte“ und vom „Dialog mit dem Bürger“. Last not least: Um dem Ärztemangel entgegen zu wirken, will die CDU laut Ankündigung von Herrn Schulte einen Antrag einbringen für das Modell eines Medizin-Stipendiums.

Die SPD: Der Bund bestellt, die Kommunen müssen zahlen.

Der nachfolgende Redner, der SPD-Fraktionsvorsitzende Schneider, verteidigte zunächst in Punkto Schlüsselzuweisungen die neue Landesregierung und kritisierte den CDU-Landtagsabgeordneten Kleff. Sinngemäß: Kleff hätte Zeit genug, sich für unsere Region in Düsseldorf einzusetzen.

Auch Herr Schneider forderte dann den Flächenansatz bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen des Landes. (Anmerkung der VerfasserIn: Wie oben schon geschrieben, fordert die SBL das schon seit 5 Jahren. Bisher hatte es aber leider auch immer an Unterstützung seitens der SPD gefehlt.)

Schneider griff nachfolgend in seiner Rede eine weitere alte Forderung der SBL auf, die Wiedereinführung der Jagdsteuer. Ab 2014 würden neue Kosten für Sozialleistungen auf die Kommunen zukommen. Der Bund bestellt, die Kommunen müssten zahlen! Eine unfassende Gemeindefinanzreform fehle immer noch. Erfreulich sei, dass der Anteil der Arbeitslosen sich auf niedrigem Niveau bewege. Wirtschaftsförderung sei aber weiter notwendig.

Und, so Schneider, über die Zusage der Ministerpräsidentin Kraft zur Regionale 2013 solle man sich freuen. Die SPD unterstütze uneingeschränkt die Musikakademie in Fredeburg. Das andere Regionale-Projekt, das Sauerlandmuseum in Arnsberg, habe noch nicht die nötige fachliche Akzeptanz beim Landschaftsverband.

Die SPD warte ab. Des Weiteren äußerte „Oppositionsführer“ (?) Schneider, bzgl. eines Antrags zur Energiemodellregion, es sei erstaunlich, wie schnell die Verwaltung Geld zur Verfügung stelle, wenn die Industrie es fordert. Ansonsten hätte sich da nichts getan. Die Dividenden der vom Kreis gehaltenen RWE-Aktien sollten in Schul- und Bildungseinrichtungen investiert werden, forderte Schneider.

Die Schließung des Hotelbetriebs des Bildungszentrums Sorpesee sei richtig. Die SPD unterstütze die Obere Ruhrtalbahn und das Regionale-Projekt „Mobil4you“ sowie Bürgerbusprojekte.

Die RWE-Aktien seien zur Verlustabdeckung des ÖPNV zu halten.

Dann kam der Fraktionsvorsitzende zum Thema Straßenbau und sagte, die Mittel zum Unterhalt seien nicht ausreichend. Sie müssten vom Neubau in Bestandserhaltung umgeschichtet werden. Er forderte aber den Weiterbau der A 46. Zur Vorlage des Kreises „ambulant vor stationär“ (die vorsieht, dass mehr Menschen zu Hause und weniger in Pflegeheimen betreut werden sollen), wünscht sich Herr Schneider, dass dabei nicht in erster Linie der finanzielle Aspekt gesehen wird. Außerdem unterstütze er die Forderung nach Supervision von besonders belastetem Personal (die auch von seiner Vorrednerin Beate Raberg erhoben wurde). Er sei gegen die Forderung, Personal einzusparen.

Die FDP: Kreishaushalt ist nicht alternativlos

„Schulden hätten das Unwort des Jahres 2010 sein können”, sagte zum Auftakt seiner Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzende der FDP Herr Walter. Die Landesregierung übe sich fleißig im Schulden machen.

Im Gegensatz zum Landrat halte er den Kreishaushalt nicht für alternativlos. Die Kommunen würden um 7,2 Mio Euro gegenüber 2010 entlastet. Das begrüße er. Es sei aber ein Ausgleich von 12 Mio Euro erforderlich. Die Anhebung der Kreisumlage erhöhe die Schuldenlast der Städte und Gemeinden. Der HSK müsse die Bemühungen verstärken, Ausgaben zu reduzieren.

Von der Verwaltung kämen da keine Vorschläge. Der Landschaftsverband hingegen konsolidiere. Die FDP hätte gehofft, sagte er Walter, dass der Landrat energischer ans Konsolidieren ginge. Zu loben sei die Aufgabe des Hotelbetriebs beim Bildungszentrum am Sorpesee. Andererseits kritisiere die FDP den Weiterbetrieb des Flughafens Schüren.

Bzgl. der Soziallasten hoffe die FDP auf eine gerechtere Lastenverteilung. Doch die Bund-Länder-Kommission werde wohl nicht sonderlich erfolgreich verhandeln. Alle Aufgaben des Kreises müssten auf den Prüfstand! Doch auf alle freiwilligen Leistungen wolle seine Partei nicht verzichten. Die FDP sei kein Sparkommissar; das sei der HSK. „Soziale Kälte“ sei ein bisschen Polemik der CDU.

Beim Kreishaushalt sehe die FDP in 21 Positionen Handlungsbedarf. „Es gibt keinen Platz für neue freiwillige Leistungen“, warnte Herr Walter. Die Finanzplanungen der nächsten 5 Jahre weise auf weitere hohe Haushaltsbelastungen hin. Grundsatzentscheidungen zum Sauerland-Museum wären in diesem oder im nächsten Jahr zu treffen. Einsparungen sollten auch bei Pflichtleistungen des Kreises erfolgen. Für Kirchturmdenken sei kein Platz mehr. Interkommunale Zusammenarbeit z.B. auch beim Personalmanagement müsse erfolgen. Die Personalknappheit würde diesen Weg erzwingen.

Die Grünen: Es fährt ein Zug nach nirgendwo.

Toni Vollmer, der Fraktionssprecher der Grünen im Kreistag, führte explizit an, der Satz entstamme einem Schlager von Christian Anders und fragte sich, was sich wohl viele fragen: „Wo gehen die kommunalen Finanzen hin?“ Das Licht am Ende des Tunnels sei nicht zu sehen.

Der Nachtragshaushalt der neuen Landesregierung habe erreicht, dass die Kommunen dauerhaft 3,4 Mio Euro mehr bekommen. Auch T. Vollmer äußerte, der Bund müsse die Kommune entlasten. Auch er forderte den Flächenansatz. (Erneute Anmerkung des/der VerfasserIn: Die SBL fordert die Anwendung des Flächenschlüssels seit nunmehr fünf Jahren, fand aber bislang nicht die entsprechende Unterstützung von Landrat und Kreistag, auch nicht von den Grünen.)

Das Kreistagsmitglied der Grünen trug weiter vor, die Kreise stünden im Vergleich zu Städten und Gemeinden durch die Umlagenfinanzierung komfortabel da. Es gebe viel Verbesserungspotential, um kommunales Handeln zu optimieren. Bei freiwilligen Leistungen seien Kürzungen sehr schwierig. Dann wurde Herr Vollmer konkret.

Die Bobbahn Winterberg gehöre endlich in private Hände und ein Sportflugplatz sollte nicht vom Kreis unterstützt werden. Die Kreistagsmitglieder sollten auf den Zuschuss für ihr Sommerfest in Höhe von 3.000 Euro verzichten.

Danach kam Herr Vollmer zu einem urgrünen Thema. Er sagte, die Zukunft liege bei regenerativen Energien. Der Kreis sollte Aktien aus dem regenerativen Bereich kaufen. Zur Regionale sagte der Grüne Fraktionssprecher, die Finanzen ließen nicht alle Projekte zu. Viele Projekte hätten nur einen örtlichen Bezug. Immense Planungskosten seien schon entstanden. Vollmer fragte, wie man dem Bürger vermitteln wolle, dass das Hotel beim Bildungszentrum Sorpesee geschlossen werden muss, obwohl es überregionale Strahlkraft hat. Das Geld sei an der falschen Stelle investiert. „Viele Projekte des HSK sind nicht mehr zeitgemäß“ hieß es weiter in der Kritik von Toni Vollmer. „Der Missbrauch der Marktkraft muss ausgeschaltet werden!“

Er sprach auch noch den Dioxin-Skandal und fehlendes Personal in der Lebensmittelkontrolle der Kreisverwaltung an und forderte, der Kreis sollte Windkraft im Wald zulassen. Außerdem hätte der Kreis die Option zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit nicht optimal genutzt; denn es seien dafür vorgesehene Mittel nicht abgerufen worden.

Kritisch sieht Toni Vollmer auch den Bau eines Hähnchenmastbetriebes in Schmallenberg. Das sei ein Auswuchs der Agrarpolitik. Der Kreis sollte sich nicht auf den jährlichen Agrargutachten ausruhen. Seine Fraktion lehne den Haushaltsentwurf ab. Der Verwaltungsvorlage zur Kreisjugendamtsumlage stimme sie aber zu. Und noch mal: 10 % des RWE-Aktien-Paketes soll der HSK veräußern und dafür Aktien aus dem Bereich der regenerativen Energien kaufen.

Die SBL: Bessere Sozialleistungen anstatt Jubelprojekte

„Diese Debatte ist eine Gelegenheit Bilanz zu ziehen“, so eröffnete Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) seine nunmehr fünfte Haushaltsrede. Er vermisse allerdings das Jahresergebnis 2009. Auch er kam schnell zum Themenbereich „Soziales“ und kritisierte u.a., das Elterngeld helfe Eltern nicht – wie im Haushalt des Kreises behauptet – “auf Dauer”, zumal die Zeit der Auszahlung von der CDU-Bundesregierung von 24 Monaten auf 14 reduziert worden ist.

Sein nächster Kritikpunkt richtete sich an die CDU. Die hätte angefordert, Sozialleistungen müssten gekürzt werden. Was den heute mehrfach erwähnten Flächenansatz betrifft, wies Reinhard Loos daraufhin, dass er seit mittlerweile 5 Jahren immer wieder den Flächenschlüssel gefordert habe, der HSK aber das Thema immer wieder verschleppt hat. Alle Flächenländer bis auf NRW und Niedersachsen brächten den Flächenschlüssel zum Ansatz.

Wie zuvor der Redner der SPD fragte auch Reinhard Loos, wo denn Herr Kleff in den letzten 5 Jahren gewesen sei und was er für den HSK geleistet hätte. Weiter kritisierte er den CDU-Fraktionsvorsitzenden. Herr Schulte hätte nur einen Teil der Wahrheit gesagt. Zwar müßten Städte und Gemeinden tatsächlich 7 Mio weniger an den Kreis zahlen. Aber sie hätten auch viel weniger Geld zur Verfügung, denn ihre Finanzkraft sei um fast 20 Mio Euro gesunken. Die Gemeinden hätten daher von der Senkung der normierten Steuerkraft viel mehr zu tragen als der Kreis. Er wünsche sich mehr Transparenz im Umgang mit der Kreisumlage.

Loos forderte den Verkauf der vom Kreis gehaltenen RWE-Aktien und die Wiedereinführung der Jagdsteuer. Der Hochsauerlandkreis solle sie beim Land einfordern. Die neue Landesregierung wolle Schuldenabbauhilfen geben. Das SBL-Mitglied erinnerte auch an die Belastung der Städte und Gemeinden durch die Altschulden, die diese beim Kreis auf einige Jahre verteilt abzahlen müssen.

Loos vertrat wie einige seiner Vorredner die Meinung, es müsse gespart werden. Dabei dachte er an die Prestige-Objekte des Kreises, die bekanntlich viel Geld kosten. Das Medienzentrum am Blauen Haus in Arnsberg und die Regionale-Projekte bedeuten laut Loos mindestens 10 Mio Euro Belastung für den Kreis plus Folgekosten. „Das können wir uns nicht leisten“, konstatierte das SBL-Kreistagsmitglied. Er lehne die Regionale-Projekte jedoch nicht ganz ab. Man müsse sie sich aber leisten können.

Zu zwei Straßenneubaumaßnahmen, wie z.B. der neuen Trasse in Brilon-Altenbüren, äußerte und begründete Loos ebenfalls eine ablehnende Haltung; diese Straße würde nicht mehr benötigt. Auch die Ruhrtaltrasse bei Meschede-Wennemen sei ökologisch und ökonomisch aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll.

Beim Thema „Demographischer Wandel“ sieht Reinhard Loos bei der Kreisverwaltung kein Weiterkommen. In anderen Kreisen gebe es gemeinsame Aktionen von Kreis und Kommunen. Er halte auch gemeinsame übergreifende Schulplanungen für sinnvoll. Nicht jede Gemeinde sollte alleine planen. Die Kita-Beiträge sind nach Meinung des SBL-Mitglieds sozial unausgewogen. Kürzlich entschied der Kreistag, die Beiträge für die unteren Einkommen in der Relation dreimal so stark zu erhöhen wie für die oberen Einkommensbezieher. Loos kritisierte, dass der Kreistag nicht für die von ihm vorgeschlagene lineare Erhöhung votiert hat.

„Wie gehen wir mit Hartz-IV-Empfängern um?“ fragt das SBL-Kreistagsmitglied abschließend in die Runde. Er berichtet aus der Praxis von einem ganz konkreten Fall, von den nervenaufreibenden Gängen zum Sozialamt, die eine kranke Hartz-IV-Empfängerin immer wieder auf sich nehmen muss. Kampf ums Wohngeld, um falsch bemessene Heizkosten, unzureichende Fahrkosten, jeder Monat bringt neue, unangenehme Überraschungen. Reinhard Loos forderte, anstatt Jubelprojekte umzusetzen, müsse der HSK mehr im Sozialleistungsbereich tun.

Erwähnen müssen wir noch, dass von den 21 Änderungsanträgen der FDP in den nächsten Sitzungen vermutlich drei von der CDU-Fraktion wohlwollend begleitet werden. Von den 13 Anträgen der SBL wurden die meisten in der Kreistagssitzung abgeschmettert. Einige wenige sollen noch einmal auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen kommen.
Der Kreishaushalt wurde mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, Grünen und Reinhard Loos von der SBL angenommen.

Um den Bericht abzurunden zur Erinnerung noch einmal der Titel eines der zur Zeit best verkauften Bücher der da lautet: „Empört Euch!“