Das Wetter: Radfahren, Bücher und Pilze

Blickrichtung Olsberg: Die erste Radtour im Jahr 2023. (foto: zoom)

Das neue Jahr 2023 beginnt mit Zeitmangel, was man auch an der Zahl der Einträge hier im Blog sehen kann. Dabei gäbe es gerade im Hochsauerland viel zu beschreiben: die verkorkste Ski-Saison, die mangelnde Diskussion über die Zukunft des Tourismus im Sauerland, das unermüdliche Festhalten Winterbergs am Boykott der Energiewende, das Sterben der Wälder, die kahlen Berge…

Ich schiebe das alles weg, lese Bücher, besuche Museen, belege Online-Kurse und springe aufs Fahrrad, sobald das Wetter es erlaubt.

Saisoneröffnung am 7. Januar 2023. Ein sonniger, aber leider viel zu kurzer, für den Januar zu warmer Samstag. Eine Runde über Altenfeld, Elpe, Gevelinghausen, Olsberg, Wulmeringhausen und Brunskappel zurück nach Siedlinghausen. Die Straßen waren wenig befahren, die wenigen Radwege frei von Schnee und Matsch. Fast alle Autofahrenden haben mich vernünftig überholt, bis auf diesen einen Heini, der mich mit seiner schwarzen, flachen Flunder, Modell flotte Oberklasse, in den Gegenverkehr hinein überholte, dabei kaum Abstand hielt und mich beim Einscheren schnitt, um auf der schmalen Landstraße nicht mit dem entgegenkommenden Fahrzeug zusammmenzustoßen. Ein paar Sekunden hinter mir, dem verletzlichen Radfahrer, warten, ist anscheinend zu viel verlangt.

In solchen Momenten schießt der Ärger über das schlechte Radwegenetz im Hochsauerland hoch. Ich meine damit Radwege für den Alltag, sichere, asphaltierte oder zumindest gut gepflegte, vom Autoverkehr getrennte Wege. Ich wiederhole mich.

Der einzig nennenswerte Fortschritt in der Zeit meiner 25 Sauerländer Jahre ist der Bahntrassenradweg zwischen Winterberg und Hallenberg. Ich nutze ihn sehr häufig, aber dazu muss ich erst einmal von Siedlinghausen nach Winterberg kommen.

Der 7. Januar war vielleicht der letzte sonnige Wintertag. Es herrschte trübes, feuchtes Wetter wie ich es als Kind am Niederrhein erlebt habe. Wir sind dort auch bei miesem Wetter Rad gefahren, weil man es einfach konnte: asphaltierte Radwege. Klar, flach ist es dort, anders als im Hochsauerland, aber mit dem Aufkommen der E-Bikes erledigen sich die Anstiege. Ein Hoch auf den technischen Fortschritt.

Regen, Matsch und Nebel. Ich habe gerade den Krimi The Lamplighters von Emma Stonex gelesen. Das Buch hat sehr gute Kritiken, aber das hat mir nicht geholfen. Es ist mir schwer gefallen, in diesem Puzzle aus inneren Monologen die Spur zu halten: die metaphorische Überladung der Leuchttürme mit allen möglichen menschlichen Problemen, die ausufernden Naturbeschreibungen und am Ende die slapstickartige Lösung der Frage nach dem spurlosen Verschwinden dreier Leuchtturmwärter. Ich schließe mich den euphorischen Rezensionen nicht an und gehe spazieren.

Pilze statt einer Schneedecke bei Silbach (foto: zoom)

Pilze bedecken die Wiese am Sportplatz in Silbach. Ein Herbstspaziergang im Winter. Frische Luft. Entspannung. Ich freue mich auf das nächste Buch. Es liegt neben mir: They Knew, von Sarah Kendzior.

Twitter-Abschied

Deckblatt des Twitter-Archivs

Kurz vor dem Kochen habe ich heute meinen Twitter-Account aufgeräumt und mich vom blauen Vogel verabschiedet. Der Reis ist dann leider ein wenig pampig geworden, aber ansonsten fühle ich kein Bedauern.

Ich hatte mir im Dezember 2022 vorgenommen, im neuen Jahr eine Entscheidung zu treffen.

Getroffen.

Mein Bedarf an toxischen Tweets, Kommentaren und Diskussionen ist gedeckt. Statt kübelweise Nazis aus den russischen Trollfarmen (*) zu blocken, lese ich lieber ein gutes Buch oder gehe spazieren.

In diesem Jahr will ich mich mit Lessing, der Klimakatastrophe, veganer Ernährung und ein paar weiteren Hobbys beschäftigen.

Da ich kein begabter Bastler bin, ist der stets unaufgeräumte Hobbykeller in meinem Oberstübchen zu finden.

Als sogenannte soziale Medien bleiben das Blog und Mastodon. Ihr findet mich im Fediverse unter https://mastodon.social/@hskzoom und https://pixelfed.social/hskzoom

So long…


(*) Es gibt auch eine Vielzahl eingeborener Nazis, Rassist*innen, Quervögel und anderer Idiot*innen.

Ein Gespenst geht um in den Lehrerzimmern: ChatGPT

Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten sehr viele Gespenster für Schrecken in den Lehrer*innen-Zimmern gesorgt haben (Taschenrechner, PCs, Smartphones, WLAN, Google, Wikipedia, …) zieht nun die nächste Bedrohung der abendländischen Bildung am Bildungshorizont auf: ChatGPT, eine AI-Software, der geradezu unheimliche Fähigkeiten zugeschrieben werden.

Von heute an wird man nicht mehr wissen, ob die Schüler*innen ihre Aufgaben selbst oder von ChatGPT haben erstellen lassen.

Ironie aus.

Ich habe mich gerade der Einfachheit halber mit ChatGPT unterhalten. Die Fragen habe ich mir mehr oder weniger spontan ausgedacht. Die Antworten der künstlichen Intelligenz (KI, AI) kamen recht flott daher. Im Folgenden meine fünf Minuten im Gespräch mit ChatGPT. Falls es euch zu platt ist, probiert die Software selber aus.

Fett = meine Frage, darunter jeweils die Antwort von ChatGPT

Wie sollte man ChatGPT in der Schule einsetzen?

ChatGPT ist ein OpenAI-Modell, das auf der Grundlage von GPT-3 (Generative Pre-trained Transformer) entwickelt wurde. Es ist ein leistungsstarkes Werkzeug, das es ermöglicht, schnell und einfach Texte zu generieren, die in vielen Bereichen nützlich sein können.

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Kunst am Baum

Ein Baumstumpf bleibt nicht lange allein – Schwämme (foto: zoom)

Auf dem Baumstumpf haben sich verschiedene Schwammpilze angesiedelt. Auch Totholz lebt.

Gerade in der dunklen, feuchten Jahreszeit kann es sich lohnen, beim Spazierengehen nach ungewöhnlichen Lebewesen Ausschau zu halten. Spätestens im Frühjahr werden uns dann wieder die Blütenpflanzen ins Auge springen. Bis dahin – folgt den Schwammpilzen.

Uff, geschafft…

Abfalleimer in der Nähe des Kölner Zoos (foto: zoom)

Das neue Jahr hat sich ganz ordentlich entwickelt. Über den Dächern von Köln hat es geknallt, wie schon lange nicht mehr. Bürgersteige und Straßen liegen am frühen Morgen unter einer Schicht von bunten Böller- und Raketenresten, aber die Flaschen sind fein ordentlich um die Abfalleimer aufgestellt.

Der Blick von der Zoobrücke ist ebenfalls aufgeräumt. Den nervigen Straßenlärm der Autos in meinem Rücken bitte dazu denken.

Keine Schiffe, aber die bekannte Kulisse von Köln (foto: zoom)

Im botanischen Garten blühen die ersten Pflanzen bei 15° Celsius und bedecktem Himmel. Später am Nachmittag wird es fürchterlich regnen.

Eine Biene besucht unermüdlich die Winterlinge. (foto: zoom)

Mit Blütenpflanzenbildern hatte ich nicht gerechnet, und erst recht nicht mit fleißigen Bienen. Auf dem Bild ist doch eine Biene zu sehen, oder?

Die Primel im botanischen Garten stammt aus Italien, kein heimisches Gewächs, fühlt sich aber offensichtlich wohl in Köln.

Italienische Primel im botanischen Garten (foto: zoom)

Der Regen folgt uns bei der Heimfahrt ins Sauerland. Während ich in die Tasten tippe, lünkert heute, am nächsten Morgen, die Sonne zwischen den Wolken hindurch.

Dann wollen wir mal…

Letzte Abfahrt 2022

Kurz vor vier am Rauhen Busch (foto: zoom)

Es war eine ganz schlechte Idee, mal eben noch nach Winterberg hochzufahren, um ein paar Fotos im Skigebiet zu knipsen.

Kaum hatte ich das Auto an den Wasserwerken geparkt, öffnete der Himmel seine Schleusen. Am Skilift Rauher Busch war die Kamera nach kurzem Fußweg nass geregnet und ich hatte Angst um die Elektronik. Kurz ausgelöst, umgedreht und nach Hause gefahren.

Erstaunlich: trotz schlechten Wetters schoben sich die Autokolonnen nach und durch Winterberg. Überwiegend gelbe Nummernschilder, aber auch Hessen, Rheinland, Niedersachsen. Den geplanten Einkauf bei Lidl habe ich kurzentschlossen gecancelt.

Nach Schnee sieht es für die Jahresendzeiturlauber*innen nicht aus. 14° Celsius in Siedlinghausen. Wintermantel gegen Sommerregenjacke getauscht. Sturmwarnung.

Kommt gut rüber. Ich bin dann mal weg.

Das Jahr der ungeschriebenen Blogbeiträge

Am Ende des Jahres eine Radtour um die Insel Föhr (foto: zoom)

Das Jahr der ungeschriebenen Blogartikel geht zu Ende. Bücher, Lesungen, Diskussionsveranstaltungen, Online-Kurse, Museumsbesuche, Reisen, Lokalpolitik – die meisten Dinge blieben unerwähnt.

Dabei war das Jahr 2022 eines der besten. Ich habe bei aller Aufmerksamkeit für die Pandemie-Entwicklung so viel unternommen, wie seit langem nicht mehr und mich trotz alledem nicht mit Corona oder anderen fiesen Viren infiziert (klopf, klopf, klopf).

Meinem Jugend-Idol Kurt Tucholsky bin ich in Rheinsberg ein wenig näher gekommen, habe mir en passant den Trottel von Jan Faktor vorlesen lassen, und weiter ging es mit dem ausgezeichneten Jüdischen Museum in Frankkfurt, dem Hinterlandmuseum in Biedenkopf, dem Museum für Hamburgische Geschichte sowie der Kunsthalle und dazu dem Museum Kunst der Westküste in Alkersum (Föhr).

Am meisten beeindruckt hat mich die Ausstellung EINE STADT WIRD BUNT Hamburg Graffiti History 1980-1999 im Museum für Hamburgische Geschichte, wahrscheinlich weil sie zufällig die Zeit meines Lebens in der Hansestadt umfasst und daher eine große assoziative Kraft entwickelt. Wirklich entdeckt habe ich Graffiti als (Alltags-)Kunstform merkwürdigerweise erst seit ich im Sauerland lebe. In den 80er und 90er Jahren war Graffiti lediglich ein Hintergrundrauschen der Alltagswahrnehmung.

Sei’s drum. Das Jahr 2022 bleibt im Blog eine Leerstelle, gewissermaßen missing in action, also persönlich ein gutes Jahr.

Zu einer sehr beunruhigenden Komponente hat sich der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entwickelt, und gerade zur Zeit scheint das Putin-Regime die Ukraine in einen dunklen, kalten Winter bomben zu wollen. Entsetzlich. Es würde mich beruhigen, wenn im kommenden Jahr 2023 Putin nicht mehr handlungsfähig sein sollte. Es gibt genug andere Probleme zu lösen; ganz vorne mit dabei die Klimakrise.

Seit Beginn der Pandemie habe ich keine Konzerte und kein Theater besucht, auch im Kino bin ich nicht gewesen. Ob ich im nächsten Jahr ein Kino betreten werde, weiß ich noch nicht, aber ich vermisse das Konzerthaus Dortmund und die Ruhrfestspiele.

Schluss mit dem eklektischen Schreiben. Ich höre mir zum Start in den Tag die verschiedenen Versionen von Eight Miles High an. Die Byrds sind durch, Golden Earring ist dran und Hüsker Dü warten auf ihren Einsatz.

Wyk oder Winterberg?

Am Hafen in Wyk auf Föhr (foto: zoom)

Wenn ich die Webcam-Bilder aus Winterberg und meine Handy-Fotos am Meer vergleiche, fällt meine Wahl dieses Jahr erneut auf die See.

Der Winter hat sich kurz im Hochsauerland blicken lassen, die Schneekanonen wurden euphorisch angeworfen, die Medien schmissen weiße Schneebilder ins Netz und jetzt haben wir Plustemperaturen, Regen, einen schneefreien Kahlen Asten, schmutzig-graue Bänder von Kunstschnee auf grünen Hängen und die kürzesten Tage des Jahres.

Wenn ich zu Hause aus dem Fensters schaue, sehe ich nicht mehr die dunkelgrünen Fichtenwälder meiner ersten Jahre im Hochsauerland, sondern Maisfelder, Weihnachtsbaumkulturen und Kahlschläge.

Nun ja, ein paar Fichten stehen noch, aber nicht mehr lange. Schon nach den großen Stürmen, als die Fichtenplantagen riesige Ausmaße annahmen, hatte ich einen Widerwillen gegen den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer entwickelt. Auf der einen Seite sterben die Wälder und auf der anderen Seite werden kurzlebige Schmuckbäumchen angepflanzt und für ein paar Tage im Jahr geerntet, geschmückt und vernichtet. Ein einträgliches Geschäft für die Waldbauern.

Am Straßenrand stehen immer noch die großen Plakate, die davor warnen, dass Windräder „unsere“ Wälder zerstören. Das Wundersame: Winterberg war bislang stolz darauf, keine Windräder zu haben, aber die Wälder sind trotzdem zerstört.

Eine widersinnige Installation zwischen Brunskappel und Winterberg (archivfoto: zoom)

Der Klimawandel wird auch dem Ski-Sport im Hochsauerland ein Ende bereiten, aber die Politik agiert immer noch wie der Wurmfortsatz der Wintertouristiker*innen.

Ich erinnere mich. Zuerst wurde der Klimawandel geleugnet. Dann wurde behauptet, dass man noch nicht so genau wisse, ob es ihn gebe. Als nun wirklich nicht mehr zu übersehen war, dass auch Winterberg der Klimakatastrophe nicht entkommen würde, hieß es, dass es nicht so schlimm werde wie in den Alpen, ja, dass sogar aufgrund der Westlage mehr Schnee fiele.

Auf keinen Fall Windräder, denn der Strom für die Schneekanonen kommt aus der Steckdose und das Wasser für die Eiskristalle aus dem Wasserhahn.

Schon lange mahnen Naturschützer*innen eine touristische Wende auch im Hochsauerland an, aber die letzte Generation der Skitouristiker*innen hängt starr, wie mit Sekundenkleber befestigt, an ihren Lift-Installationen und Bobbahnen.

Die Wende wird wahrscheinlich erst dann kommen, wenn diejenigen, die das Geld ins Sauerland bringen, dem Skifahren auf Kunstschnee und der zerhackten Landschaft den Rücken kehren.

Umleitung: Blume gegen Twitter, ChatGPT, Twitter vs. Mastodon, Fakten zum Klima und Gedenken an Fritz Weller

Fenster an der Hamburger Kunsthalle (foto: zoom)

Den Prozess Blume gegen Twitter international unterstützen? So geht es: Wie erwartet hat Twitter international seine Niederlage vor dem Landgericht Frankfurt nicht anerkannt, sondern Berufung eingelegt. US-Konzerne setzen häufig auf Zeitgewinn und darauf, dass Klägerinnen und Klägern schlicht die Puste und das Geld ausgehen, wenn der Rechtsstreit in immer neue Instanzen geht … scilogs

ChatGPT – ein Meilenstein der KI-Entwicklung: Im November wurde der Chatbot ChatGPT veröffentlicht. Die Sprach-KI verändert die Arbeit von Lehrenden und Lernenden. Eine Zeitenwende in der Bildung? … forschungundlehre

Irgendwas mit Internet: Twitter vs. Mastodon – ein Rück- und Ausblick … netzpolitik

Was wir heute übers Klima wissen: Ein Faktenpapier zum Stand der Klimaforschung jetzt aktualisiert … klimafakten

Öffentliches Gedenken an Fritz Weller: Sportikone und Widerstandskämpfer gegen die Nazis … nordstadtblogger

Season’s greetings

Fundstück (foto: zoom)

Genießt die Festtage. Geratet nicht in Stress. Streitet euch nicht. Wenn die Luft zu dick wird, geht an die frische Luft.

Lest ein gutes Buch. Spielt Karten oder Brettspiele. Bleibt gesund. Essen und Trinken? Die Dosis macht das Gift. Nutzt die Zeit für gute Unterhaltung. Hört, macht Musik und alles Schöne, das ich hier aus Vergesslichkeit nicht aufgezählt habe.

Das Fest der Liebe, nicht der Hiebe. Keine Gewalt. Denkt an die Menschen, die das alles nicht haben: Frieden, soziale Sicherheit, Gesundheit. Seid solidarisch. Lasst euch nicht gegeneinander ausspielen.