Flash Back: FUTURE SOUNDS

Wie ein paar Krautrocker die Popwelt revolutionierten – ein Lesetipp

Das Buch habe ich mir in der Bibliothek ausgeliehen, die Doppel-LP gehört mir seit ewigen Zeiten. (foto: zoom)

Wer in den 50er Jahren des letzten Jahrtausends geboren wurde und in seiner Jugend die Musik von Tangerine Dream, Can, Kraftwerk, Amon Düül o.ä. hörte, für den kann Christoph Dallachs 512-seitiges Buch eine berührende und aufwühlende Reise in die Vergangenheit werden, ein Flashback, der das Heute unvermittelt und Neu! mit dem Gestern zurückkoppelt.

Die später geborenen und die ganz jungen Menschen müssen sich nicht unbedingt in diese Geschichte des Krautrocks hineinlesen. Denen rate ich: hört einfach die Platten, durcheinander oder eine bestimmte Scheibe zwanzig Mal in der Reihe und dann noch ein einundzwanzigstes Mal. Ach Quatsch! Lest das Buch!

Christoph Dallach hat ein große Zahl von Musiker*innen, Produzent*innen, Tüftler*innen und Medienleuten interviewt, die damals am Aufbruch in neue Klangwelten beteiligt waren, wenige Frauen (Suzanne Doucet, Limpe Fuchs, Gil Funccius, Renate Knaup, Hildegard Schmidt), viele (61!) Männer werden im Kapitel Biografische Notizen (S. 493 – 510) aufgezählt und bekommen in seiner Geschichte eine Stimme.

Die Interviews mit Irmin Schmidt, Holger Czukay, Jaki Liebezeit (alle Can), Michael Rother (Neu!), Dieter Moebius (Cluster), Klaus Schulze (Tangerine Dream), Karl Bartos (Kraftwerk), Renate Knaup (Amon Düül II) und den vielen anderen „fügen sich“, so heißt es auf dem Buchumschlag, „zu einer Oral History, die über die einzelnen Bandgeschichten weit hinausweist: einerseits in die Vergangenheit, zu Nazilehrern, Nachkriegselternhäusern, Free Jazz, Terrorismus, LSD und äußerst langen Haaren; genau so aber in die Zukunft, zu globaler Anerkennung, Mythenbildung, Techno oder Postrock.“

Geschickt hat der Autor den großen Wust an Interviews in kleine Schnipsel zerlegt und auf 34 thematisch geordnete Kapitel verteilt, ähnlich wie in der Musikproduktion Aufnahmen zerschnipselt und dann zu Songs und schließlich einer Schallplatte (heute digital) neu zusammengefügt werden.

Für mich persönlich läuft das ganze Buch auf die Geschichte von Can hinaus und ich habe die leise Ahnung, dass es bei Christoph Dallach ähnlich ist. Beim Lesen habe ich mir noch die ein oder andere Gruppe notiert, deren Platten nicht im Schrank stehen. Zeit für einen Besuch beim Scheibenbeisser in Kassel.

Future Sounds ist 2021 als Taschenbuch bei Suhrkamp erschienen, kostet 18 Euro und hat 512 Seiten. ISBN 978-3-518-46598-1 Oder macht es wie ich und leiht euch das Buch in einer gut sortierten Bibliothek aus. Mein Exemplar wandert demnächst wieder zurück in die UB Kassel am Holländischen Platz.

2 Gedanken zu „Flash Back: FUTURE SOUNDS“

  1. Für mich persönlich läuft das ganze Buch auf die Geschichte von Can hinaus und ich habe die leise Ahnung, dass es bei Christoph Dallach ähnlich ist.

    Jau, so isses wohl.
    Seit ca. 15 Minuten rotiert Holger Czukays „Movies“-LP auf dem unkaputtbaren Thorens-Plattenspieler (Baujahr 1976).

    https://www.youtube.com/watch?v=HF-o6PlEo-4

    An dieser Stelle möchte ich noch den SPIEGEL-Artikel vom 23.03.2018 in Erinnerung bringen:

    https://www.spiegel.de/kultur/musik/holger-czukay-cinema-werkschau-zum-80-geburtstag-des-can-genies-a-1199226.html

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